12.01.2011 / Wort zum Tag

Psalm 116,10

Ich glaube, auch wenn ich sage: Ich werde sehr geplagt.

Psalm 116,10

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Bemerkenswert! Jemand sagt ungeniert: „Ich glaube.“ Er bekennt sich dazu, Gott sein Vertrauen zu schenken. Nicht von Gott zu lassen. Nicht von ihm lassen zu können. Und nicht von ihm lassen zu wollen. Ich glaube. Ungeniert bekennt sich dieser Mensch zu Gott. Und er bekennt freimütig: „Ich liebe den Herrn.“

Glaube meint in der Bibel eine Beziehung des Vertrauens. Oft ist unser Verständnis von Glaube meilenweit davon entfernt! Glaube als Mutmaßung, als unsicheres Wissen. Oder Glaube als Für-wahr-Halten von irgendwelchen Sätzen. Glaube findet im Kopf statt. Die Bibel aber verortet den Glauben im Herzen. Der Glaube des Herzens kennt letzte Gewissheiten. Und er wagt auch, diese Gott hinzuhalten und ihn daran zu erinnern, was er zugesagt hat.

Bewundernswert! Der Beter des 116. Psalms sagt sein „Ich glaube“ ohne Wenn und Aber. Er kann sein Leben nicht ohne seinen Gott denken. Und nichts kann ihn davon abbringen, seinem Herrn zu vertrauen. „Denn der Herr tut dir Gutes!“ erinnert er sich. Und er bezeugt in Anlehnung an ein Grundbekenntnis des Gottesvolkes: „Der Herr ist gnädig und gerecht, und unser Gott ist barmherzig.“ Das ist seine letzte Gewissheit. Die lässt er sich nicht nehmen. Davon ist sein Herz erfüllt. Davon kann ihn darum nichts abbringen.

Die Lebenserfahrungen dieses Glaubenden sind sehr gemischt. Da ist nicht alles eitel Sonnenschein. O, nein! Erfahrungen von Dunkel und Todesbedrohung, von Schwachheit und Geplagtsein, Jammer und Not, Tränen und Verzagtheit klingen an. Würde der Beter klagen und Gott anklagen, könnten wir es ihm nicht übel nehmen. Aber kein Ton in diese Richtung.

„Ich glaube, auch wenn ich sage, ich werde sehr geplagt.“ Dieser Mensch hält nicht Gott seine beschwerlichen Lebenserfahrungen hin und macht sie ihm zum Vorhalt oder Vorwurf. Dieser Beter macht es gerade anders herum: Er widerspricht den Schwierigkeiten seines Lebens mit seinem Glauben. Er vergewissert sich in seinen Nöten, dass Gott da ist. Sein Gott, der ihm schon so viel Gutes tat. Sein Gott, der sein Bestes will. Sein Gott, der Heil und Leben schenkt, wie wir an Weihnachten sangen.

Vielleicht denken Sie jetzt: beneidenswert! Das kann ich gut verstehen. So glauben können, ja, das wär’s. In Schwierigkeiten und auch in äußerster Lebensgefahr so gelassen bleiben können, das wäre schön. Sich so loslassen können. Sich in solchem Vertrauen fallen lassen zu können. Sich Gott überlassen können. Wer das kann, ja, der ist beneidenswert.

Der Glaube kann’s. Liebe Hörerinnen und Hörer, ich wollte schon sagen: ein großer Glaube kann’s. Aber da habe ich mich ganz schnell korrigiert: Das kann der Glaube. Das kann der Glaube an unseren großen Gott. Unser Glaube kann schwach und klein sein. Unser Gott jedoch ist groß und auf ihn ist Verlass.

„Ich glaube, auch wenn ich sage, ich werde sehr geplagt.“ Dieses Wort steht in einem der Psalmen, die Jesus Christus beim letzten Mahl mit seinen Jüngern betete. Im Vertrauen, das aus ihm spricht, ging er den Weg durchs Leiden ans Kreuz. Sein Vertrauen wurde nicht enttäuscht. Er hat sich in dem, den er den Vater nannte, nicht getäuscht. Zwar wurde er sehr geplagt. Die Gottesferne des Kreuzes musste er ertragen. Und qualvoll sterben. Aber am dritten Tag wurde er von Gott mit „Heil und Leben“, mit unvergänglichen Leben beschenkt. Gottvertrauen wird belohnt!

Ich will glauben. Heute meinem Gott mein Vertrauen schenken. Heute mich meinem Gott ganz überlassen. Ja, ich will erfahren, dass mein Gott mich hält – und mich auch durch Schwierigkeiten durchträgt. Ich will sagen: ich glaube.

Autor/-in: Dekan Harald Klingler