19.11.2011 / Wort zum Tag

Psalm 113,5-6

Wer ist wie der HERR, unser Gott, im Himmel und auf Erden, der oben thront in der Höhe, der hernieder schaut in die Tiefe?

Psalm 113,5-6

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Viele biblische Psalmen besingen die mit nichts und niemandem vergleichbare Größe Gottes. So auch Psalm 113, aus dem das Wort zum Tag heute entnommen ist: „Wer ist wie der HERR, unser Gott, im Himmel und auf Erden? Der oben thront in der Höhe, der herniederschaut in die Tiefe.“

Ja, unser Gott ist groß, mächtig, erhaben, stark. Doch unvergleichlich macht ihn, dass er dennoch ein Auge für die Kleinen und ein Herz für die Schwachen hat. Das unterscheidet ihn von allen menschlichen Größen. Das Vertrauen in Gottes Größe verdichtet sich seit Jesu Auferstehung im Bekenntnis: Jesus ist der Herr, d. h. er regiert. Dabei ist der Bibel wichtig, dass dieser Regent das Leben ganz unten kennt … und dass er das auch als Regierender nicht vergisst. Christus nimmt als ‚Erhöhter’ die Niedrigen nicht nur wahr, er beachtet sie und kümmert sich um sie. Gerade das macht seine göttliche Größe aus. Im Unterschied zu menschlichen Machthabern geht er nicht über Leichen. Die Armen und Schwachen vergisst er nicht. Er stellt sich sogar auf ihre Seite. Der ganze 113. Psalm gipfelt im Staunen darüber, wie Gott Schwache und Elende aufrichtet:

Das ist eben der Unterschied zwischen menschlicher und göttlicher Größe: Die Mächtigen der Welt neigen dazu, sich gegen unten abzusichern und abzugrenzen. Sie bauen sich Sicherheitsnetze und sind für goldene Fallschirme besorgt. Sie argumentieren, dass sie sich nicht um die Probleme einzelner Menschen kümmern könnten, weil sie zu Höherem berufen seien. Sie vermeiden es, sich die Finger schmutzig zu machen. Gott dagegen kümmert sich gerade um die Kleinen, Elenden und Schwachen. So wird es in der Bibel vielfach betont. Jesaja sagt vom Knecht Gottes: „Das geknickte Rohr zerbricht er nicht und den verglimmenden Docht löscht er nicht aus“ (Jes 42,3). Im Loblied der Hanna (1.Sam 2,8) und im Lobgesang der Maria (Lk 1,52f) gibt es Formulierungen, die ganz ähnlich klingen wie auch Psalm 113 (V.7f): „Er richtet aus dem Staub den Geringen auf, erhebt aus dem Kot den Armen, um ihn neben Edle zu setzen, neben die Edlen seines Volkes.“

Diese Haltung kennzeichnet die Größe und Würde des auferstandenen und erhöhten Christus. Ganz ausführlich bekennt das auch der sogenannte Christus-Hymnus im Brief an die Christen in Philippi (Phil 2,5-11). Die Aussage dort lautet (mit meinen eigenen Worte formuliert): Jesus kennt die ganze ‚Karriereleiter’, von oben bis unten und zurück. Er ist von ganz oben freiwillig nach ganz unten gestiegen. Er hat mitgemacht und durchlitten, wie es ganz unten ist. Und wenn er nun wieder ganz oben ist, dann dürfen wir wissen: Er kennt unsere Situation. Er kennt aus eigener Erfahrung, was immer uns zu schaffen macht. Und als der Erhöhte bleibt er unser Bruder, der uns nie vergisst. Er steht uns bei, ist auf unserer Seite. Wenn also die Bibel von Christi Erhöhung spricht, dann bedeutet dies gerade nicht, dass er die Welt und damit uns Menschen hinter sich gelassen hat. Die Distanz zu ihm ist nicht größer geworden. Sondern Gott hat ihn in die Position gebracht, aus der Christus uns beistehen kann.

Wenn wir uns auf ihn verlassen bedeutet das zwar nicht, dass alle Schwierigkeiten, Herausforderungen und Belastungen wie von Zauberhand aus unserem Leben verschwinden. Aber wir finden die Kraft, uns dem allem zu stellen, weil wir darin nicht allein gelassen sind, sondern ihn, Christus, den Erhöhten, an unserer Seite haben.
 

Autor/-in: Pfarrer Daniel Eschbach