29.10.2014 / Wort zum Tag

Psalm 11,1

"Ich traue auf den Herrn. Wie sagt ihr denn zu mir: „Flieh wie ein Vogel auf die Berge!“

Psalm 11,1

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Einmal im halben Jahr sortiere ich mit unseren Kindern die Bücher durch. Wir entscheiden gemeinsam, was wir oben im Kinderzimmer lassen und was für ein halbes Jahr in den Keller wandert. Dabei stoßen wir regelmäßig auf das Buch von David, der den Riesen Goliath besiegt. Dieses Buch kommt fast immer in den Keller, denn meine Kindern haben Angst vor dem Riesen, der so riesengroß auf dem Umschlag abgebildet ist - obwohl doch der kleine David den Riesen besiegt und später König von Israel wird.

Der kleine, aber mutige David hatte schon als Hirte die Schafe und Ziegen seines Vaters gehütet - in der Einsamkeit der Berge. Dort hatte er gelernt, die ihm anvertrauten Tiere gegen wilde Raubtiere zu verteidigen. Dort hatte er gelernt, Gott zu vertrauen, und in Davids weiterem Leben gab es immer wieder Situationen, in denen dieses Vertrauen auf die Probe gestellt wurde. Kurz bevor er tatsächlich König wurde, verfolgte ihn der amtierende König Saul. Er trachtete ihm nach dem Leben. Und auch in dieser schwierigen Lage ließ David sich von Gott leiten.

Dieser David ist es auch, dem viele Lieder zugeschrieben werden, die in der Bibel, in den Psalmen stehen. Unter anderem auch Psalm 11. Im 1. Vers steht die heutige Tageslosung:

"Ich traue auf den Herrn. Wie sagt ihr denn zu mir: „Flieh wie ein Vogel auf die Berge!“

In den Psalmen Davids gibt es viele Stellen, die in irgendeiner Weise mit besonderen Situationen aus Davids Leben zu tun haben. Und hier scheint es so zu sein: David steht vor einer Herausforderung. Eine Situation, in der ihm andere den gutgemeinten Rat geben: „Fliehe in die Berge!“ Doch was tut David? Er flieht nicht, sondern vertraut auf Gott.

Nun frage ich mich allerdings: Wie ist das denn bei mir? Ich bin doch kein David, ich habe auch nicht so viele lebensbedrohliche Situationen durchstehen müssen. Mein Vertrauen zu Gott wurde nicht so auf die Probe gestellt, wie das von König David. Oder habe ich es bloß nicht gemerkt?

Ich denke an eine Situation in meinem Anfangsdienst als Pastorin. Ich kam in eine Gemeinde, in der kurz vor meinem Dienstantritt eine sehr schwierige Situation entstanden war. Menschen waren betroffen, fühlten sich angegriffen, die Gemeinschaft war gestört. Und ich kam als Anfängerin nach dem Studium dorthin und dachte mir: Eigentlich müsste hier ein langjährig erfahrener Pastor arbeiten, nicht ich. Ja, ich hätte fliehen können. Aber tief im Inneren wusste ich: „Nein, ich muss hier bleiben. Hier möchte Gott mich jetzt gebrauchen.“ Ich habe in dieser Zeit mehr gebetet als sonst. Meine Beziehung zu Gott war intensiver als sie in unproblematischen Zeiten war. An Flucht habe ich nicht gedacht und Gott hat es geschenkt, dass ich an dem, was ich erlebte gewachsen und nicht zerbrochen bin.

Ich denke auch an andere Menschen, die Gott an einem schwierigen Platz dienen und die diesen Dienst im Vertrauen auf ihren Herrn treu tun, z.B. Helfer in Krisen- und Kriegsgebieten oder Missionare in Ländern, deren Regierungen gegen Christen vorgehen.

Den Menschen, die dort treu an ihrem Platz stehen, hilft es wenig, wenn gutmeinende Freunde sagen: „Komm zurück! Das ist doch zu gefährlich!“ Viel hilfreicher ist es, wenn andere für sie beten, dass ihr Vertrauen zu Gott wächst und sie diesen Dienst weiter tun. Kennen Sie jemanden, den Sie in dieser Weise unterstützen können? Dann tun Sie es!

Vielleicht erleben Sie aber auch selbst eine Situation oder eine Aufgabe, die wie ein Riese vor Ihnen steht, und Sie fühlen sich nicht in der Lage, diesen Riesen zu besiegen. David floh nicht. Er vertraute Gott. So wünsche ich Ihnen die Weisheit, Gottes Weg zu erkennen und den Mut, ihm ganz zu vertrauen.

Ich selbst freue mich schon darauf, wenn ich eines Tages das Buch von David und dem Riesen Goliath nicht mehr in den Keller packen muss, wenn meine Kinder die Angst vor dem Riesen auf dem Buchumschlag verlieren und an dem mutigen, kleinen David lernen, dass es sich lohnt, Gott zu vertrauen.

Autor/-in: Sigrun Teßmer