01.02.2012 / Wort zum Tag

Psalm 109,21

HERR, sei du mit mir um deines Namens willen; denn deine Gnade ist mein Trost: Errette mich!

Psalm 109,21

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Sie kennen die Wirkung von einem Magneten: Wo ein Eisenstück sich diesem nähert, wird es immer stärker angezogen, bis es an ihm klebt wie eine Klette. Und so ist das, wenn ein Mensch zu Gott ruft: „Herr, sei du mit mir!“ Mit diesem Ruf nähert er sich Gott wie einem Magneten, der ihn immer mehr anzieht. Und wenn der Beter dann noch hinzufügt „um deines Namens willen“, dann steigert sich dieser Ruf, denn der Name Gottes lautet ja: „Ich bin es“, nämlich: „Ich bin es, der für dich da ist“, „Ich bin es, auf den du dich verlassen kannst“. Die magnetische Kraft, die ihn zu Gott zieht, wird mit diesem Ruf immer stärker. Der Beter spürt dabei die Gnade Gottes.

Gnade - wir kennen dieses Wort nicht mehr in unserer Alltagssprache, aber wir ahnen, was dahinter steckt: die Zuwendung des großen Gottes zu uns Menschen. Wo sich ein Mensch Gott nähert im Gebet, da nähert sich ihm Gott, so wie ein Eisenstück sich dem Magneten nähert, und der Magnet zieht dann das Eisenstück an sich. Es ist ein ehernes biblisches Grundgesetz: Wer Gott sucht, dem kommt Gott entgegen. Ab dem Punkt, wo im bekannten Gleichnis der Verlorene Sohn umkehrte und seinen Vater aufsuchte, kam ihm der Vater schon mit offenen Armen entgegen. Dieses Entgegenkommen Gottes ist ein ganz starker Trost für die Zeit, wo man noch betet, also noch auf dem Weg ist und das Entgegenkommen Gottes noch nicht erkennen kann.

Der Beter ist hier noch auf dem Weg und ruft: „Errette mich!“ Er hängt in einer ganz verzweifelten Situation fest, fühlt sich elend und schwach. Und das drückt er auch aus: „Mein Herz ist zerschlagen in mir. Ich fahre dahin wie ein Schatten, der immer mehr schwindet.“ Indem er so spricht, macht er es anders als es die Psychologen sagen. Er sagt nicht: Ich schaff das schon, ich bin stark, ich lass mich nicht umhauen. Das wäre eine Selbstermunterung, die nicht lange hält. Der Beter dagegen spricht aus, wie er sich wirklich fühlt. Er drückt seine Gefühle ehrlich aus. Und was geschieht? Diese Gefühle kommen raus wie der Eiter aus einer Wunde. Sie trugen das Gift der Selbstzerstörung in sich, aber jetzt können diese Gefühle seine Seele nicht mehr vergiften. Sie sind raus!

Und was kommt nun in seine Seele rein? Der Trost, dass Gott ihn ganz gewiss erretten wird. Er weiß nicht, wie. Er weiß nicht, wann, aber er ist gewiss, dass es geschehen wird. Gott ist ihm jetzt schon unglaublich nahe gekommen, so dass der Beter sagen kann: „Steh mir bei, Herr, mein Gott!“ Und wenig später sagt er: „Lass sie“ – nämlich meine Gegner – „merken, dass dies deine Hand ist, und du, Herr, das tust!“ Das heißt: Bring meine Gegner zum Nachdenken, dass du am Werk bist. Der Beter selbst hat es schon längst gemerkt: Gott ist ihm so nah, näher geht es gar nicht. Wenn das doch auch die andern merken würden!

Probieren Sie es selber aus, ob dieses eherne Grundgesetz der Bibel auch in Ihrem Leben wirksam ist: Je mehr Sie sich Gott nähern, desto näher kommt Ihnen Gott. Je mehr Sie Gott suchen, sucht Gott Sie. Je mehr sie sich ihm öffnen, desto schneller merken Sie, dass Gott seine Tür schon längst geöffnet hat. Scheuen Sie sich nicht, es auszusprechen: „Herr, sei du mit mir um deines Namens willen; denn deine Gnade ist mein Trost: Errette mich!“

Autor/-in: Pfarrerin Dr. Ulrike Eichler