28.11.2012 / Interview

Oh, du fröhliche!?

Wie Singles die Weihnachtszeit nicht nur überleben, sondern auch genießen können. Ein Interview mit Ines Emptmeyer.

Sitzen Sie alleine auf Ihrem Sofa, schauen traurig den tanzenden Flammen im Kamin zu und essen dabei alleine einen Bratapfel, gefüllt mit Marzipan und Haselnuss? Irgendwie kommt keine richtige Weihnachtsstimmung auf, weil Sie schon wieder den Winter und Weihnachten als Single erleben? Singlesein ist oft kein Zuckerschlecken, trotzdem liegt es an der persönlichen Einstellung, wie man als Single die dunkle Jahreszeit erlebt, sagt Ines Emptmeyer im Interview. Sie ist die Initiatorin von Backstube Traumpartner, der Single-Arbeit der christlichen Familienorganisation Team.F.

ERF Online: Im Sommer Single zu sein, kann leicht und unbeschwert sein - da kann man das Leben draußen mit Freunden genießen und hat vielleicht sogar noch die Hoffnung, einen Partner dabei kennenzulernen. Im Winter Single zu sein, scheint da schon herausfordernder. Liegt das nur daran, dass der Moderator im Radio auf einmal vom Kuschelwetter spricht und zudem noch Weihnachten als das Fest der Liebe vor der Tür steht?

Ines Emptmeyer: Wahrscheinlich hat es schon mit den Festen Weihnachten und Silvester zu tun. Gerade an den Festtagen wird man vielleicht zum hundertsten Mal von der Oma oder der Tante gefragt, warum man nicht zu zweit gekommen ist. Das Umfeld suggeriert, dass man nicht nach Plan A, sondern nach Plan B lebt.

Ich glaube allerdings, dass man in jeder Jahreszeit jemanden vermissen kann. Im Winter hat man vielleicht ein Kuschelbedürfnis und im Sommer eher ein Unternehmungsbedürfnis. Bei beidem kann einem der Partner fehlen. Dennoch kann man zu jeder Zeit gut jemanden kennenlernen. Es kommt dabei ganz auf die innere Einstellung an.

ERF Online: Was wäre denn eine falsche innere Einstellung?

Ines Emptmeyer: Es gibt Singles, die sich frustriert die Chipstüte schnappen, sich hinter dem Computer verziehen und darauf warten, dass es bei Christ-sucht-Christ endlich Klick macht. Das ist die schlimmste Weise, wie man mit seinem Single-Dasein umgehen kann. Alternativ dazu habe ich beschlossen, dass ich es anders machen werde.

ERF Online: Wie denn?

Ines Emptmeyer: 33 Jahre meines Lebens habe ich versucht mich abzulenken, indem ich 1000 Ehrenämter gemacht, viel mit Freunden unternommen und immer und überall mitgemischt habe. Das letzte Jahr, in dem ich dann tatsächlich noch Single war, habe ich nicht nur analysiert und überlegt, warum ich Singe bin. Stattdessen habe ich beschlossen, dass sich meine Situation ändern muss. Gott will dem Menschen ein Gegenüber schenken und sagt in 1. Mose 1,22: Seid fruchtbar und mehret euch. Ich beschloss, die Möglichkeiten zu nutzen, die ich hatte. Schließlich geht man ja auch zum Arzt, wenn man krank ist. Aus diesem Grund habe ich mich volle Kanne in die Partnersuche gestürzt. Ich habe gebucht, was es zu buchen gibt. Jede Online-Börse, jede Veranstaltung in der Stadt, von Speed-Dating bis hin zum Single-Dinner. Ich habe aufgehört darüber zu reden und habe endlich etwas gemacht. Ich habe gemerkt, dass ich durch meine fromme Prägung sehr verkrampft war. Um wieder ein bisschen lockerer Männer gegenüber zu werden, habe ich viele Dates genutzt.

Die innere Einstellung und der Prozess der inneren Heilung

ERF Online: Allerdings haben Sie auch vor dieser Entscheidung schon Singlebörsen genutzt und an Freizeiten für Singles teilgenommen. Was war konkret der Unterschied zu Ihrer früheren Vorgehensweise?

Ines Emptmeyer: Der Unterschied war meine geänderte innere Einstellung. Ich habe durch Seminare bei Team.F innere Heilung erlebt und bin meiner Familiengeschichte auf die Spur gegangen. Bei jedem Single gibt es Gründe, weshalb er sich nicht binden kann. Die oft gehörte Antwort: „Ich habe den Richtigen noch nicht gefunden“ ist keine ehrliche Antwort. Bei mir persönlich habe ich gemerkt, dass mir einfach kein Mann gefiel. Tom Cruise hätte kommen können, ich hätte Nein gesagt. Innerlich musste viel passieren, so dass ich mich für eine Beziehung öffnen konnte. Und genau das habe ich dann endlich erlebt.

Um lockerer zu werden, habe ich mich bei säkularen Singlebörsen angemeldet. Dabei wollte ich keinen Partner finden, sondern einfach nur wieder einen lockereren Umgang mit Männern lernen. Meiner Erfahrung nach gehen säkulare Männer anders mit Frauen um als christliche. Sie sitzen gerade, schauen einem in die Augen, sind selbstbewusst und entscheiden oft, was man unternehmen könnte. Sie machen Komplimente, flirten mit einem. Ich habe mich in dieser Situation das erste Mal richtig als Frau gefühlt. Genau das habe ich gebraucht.  

ERF Online: Wenn Singles sich also frühzeitig mit der Aufarbeitung der Vergangenheit beschäftigen, muss es nicht so lange dauern, bis sie einen Partner finden?

Ines Emptmeyer: Absolut! Tendenziell machen das Frauen eher als Männer. Ab 30 Jahren fangen sie an, in die Offensive zu gehen, arbeiten Probleme auf, machen Volkshochschulkurse, fangen an, an ihrem Äußeren und Inneren zu arbeiten. Männer nehmen dagegen häufig eher die Chips-Tüte, verziehen sich vor den Computer und werden dicker und frustrierter. Das kann keine Lösung sein.

Ines Emptmeyer ist Mitinitiatorin bei Backstube Traumpartner. Sie war viele Jahre selbst Single. (Bild: privat)

Bei Team.F mache ich die Singlearbeit Backstube Traumpartner. In Seminaren lassen wir uns mit den Teilnehmern auf einen Prozess der inneren Heilung ein. Wir gehen der Frage nach, woran es liegen kann, dass ein Single sich noch nicht gebunden hat. Das kann an Enttäuschungen, Prägungen und inneren Wunden aus der Vergangenheit liegen. Diese Dinge müssen aufgearbeitet werden, damit man für eine neue Beziehung bereit ist.

ERF Online: Stichwort Gemeinschaft: Oft fällt es leichter, wenn man auch andere Singles im Freundeskreis hat. Wie kommt man - vielleicht auch gerade im Winter - zu neuen Freunden, die ebenfalls noch nicht verheiratet sind? Schließlich buddeln sich im Winter viele in ihrer Wohnung ein und kommen erst mit dem sprichwörtlichen Frühlingserwachen wieder aus ihrem Bau ...

Ines Emptmeyer: Ich würde sagen, indem man sich unter das Volk mischt. Man lernt super Leute im Sportverein, in Kochkursen, in Volkshochschulkursen, Samstag-Singlekochen, Singletanzen und vielem mehr kennen. Das kann im christlichen, sowie auch im säkularen Bereich sein. Natürlich können sich Singles auch über unsere Backstube Traumpartner kennenlernen.

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Backstube Traumpartner möchte zum Kennenlernen animieren. Wir sagen: Such dir einen Mann, lass dich auf eine Beziehung ein und wag den zweiten Blick. Anstatt sich mit verschiedenen Dingen abzulenken, möchte ich Singlefrauen ermutigen, auch bereits bekannte Männer in Betracht zu ziehen und sie besser kennenzulernen.  

ERF Online: Wenn es letztendlich so einfach ist, den richtigen Partner zu finden - warum haben dann viele Singles Schwierigkeiten dabei?

Ines Emptmeyer: In unseren Seminaren erleben wir eine große Unsicherheit bei den Geschlechtern. Ein Mann ist nicht mehr ein Mann und eine Frau ist nicht mehr eine Frau, wie sie es früher waren. Daraus resultiert die Unsicherheit, wer den ersten Schritt macht. Eine Frau erwartet, erobert zu werden, während der Mann sich nicht traut, weil die Frau so stark wirkt.

Wenn wir in unseren Seminaren mit Frauen und Männern über ihre Erwartungen reden, sind es oft ganz krasse Momente. Tränen fließen, weil so viele Verletzungen hochkommen. Die Frauen vermissen den Gentleman, wobei die Männer dann sagen, dass doch Frauen anscheinend so stark sind und keine Hilfe mehr vom Mann annehmen wollen. Ich glaube, dass viele Frauen verunsichert sind und es verlernt haben, Hilfe von Männer anzunehmen. Ich würde Frauen sagen: „Wenn ihr gerne erobert werden wollt, dann lehnt euch zurück. Ihr müsst nicht die absolute Power-Karriere-Frau sein und alle Dinge in die Hand nehmen. Männer wollen erobern.“

Außerdem ist es wichtig, dass Singles verstehen, dass sie mit unterschiedlichen Menschen glücklich werden können. Gott hat nicht zwangsläufig den einen Partner vorherbestimmt. Wichtig ist nur, dass wir ihn in unsere Entscheidung einbeziehen.

Auf den Partner warten?

ERF Online: Sie sprechen an, dass Singles aktiv werden sollen. Im christlichen Kontext wird dagegen oft drüber gesprochen, dass Singles auf den Partner warten sollen, den Gott quasi in den Weg stellt. Dabei sollen sie Vertrauen lernen und einfach auf den richtigen Moment warten. Ihr Ansatz widerspricht diesem Gedanken.

Ines Emptmeyer: Ich habe 34 Jahre meines Lebens vergeblich gewartet. Wir berufen uns in unserer Arbeit bei Team.F auf den Gedanken, dass Gott dem Menschen ein Gegenüber geben möchte und ihm den Auftrag „Seid fruchtbar und mehret euch“ gibt. Die Sehnsucht nach einer Beziehung steckt in jeder Person. Ich habe mit vielen Diakonissen und anderen Menschen gesprochen, die gesagt haben "Ich habe die Gabe der Ehelosigkeit". Im ganz ehrlichen Moment haben letztendlich doch alle zugegeben, dass das Singlesein nur eine alternative Lebensform ist. Die Sehnsucht nach Beziehung hat Gott in jede Frau und jeden Mann hineingelegt. Aus diesem Grund sollte der Single aktiv werden.

Ich glaube nicht, dass Gott den einen Plan für uns hat, sondern uns Entscheidungsfreiheit gibt. Er wohnt im Herzen – dem Ursprung unserer Sehnsüchte. Während wir Schritte gehen, geht Jesus mit. Wenn der Weg, den wir einschlagen, gut ist, legt er seinen Frieden in unser Herz und zeigt uns dementsprechend auch, ob ein Mann oder eine Frau gut oder schlecht für uns ist. Gott lenkt das fahrende Schiff.

ERF Online: Noch einmal zurück zur dunklen Jahreszeit: Wie können denn Paare, Familien und Gemeinden Singles in dieser Zeit unterstützen?

Ines Emptmeyer: Indem sie ganz normal mit Singles umgehen. Ich wünsche mir auch, dass allgemein humorvoller mit dem Status Single umgegangen wird. Zum Beispiel könnten Paare oder auch Singles selbst Verkupplungsaktionen starten. Ich persönlich liebe es, Menschen zu verkuppeln. Auf zehn Hochzeiten wurde ich deswegen bereits namentlich erwähnt und mir wurde gedankt. Ansonsten können Paare Singles einfach einmal sonntags zum Mittagessen einladen und mit ihnen einen Tag gemeinsam verbringen.

ERF Online: Und Weihnachten - wie kann ein Single das Fest der Liebe denn nicht nur überleben, sondern wirklich auch genießen?

Ines Emptmeyer: Er kann in verschiedenen Bereichen aktiv werden, indem er zum Beispiel in der diakonischen Arbeit der Stadt mitarbeitet, einsame Menschen zu sich einlädt oder eine Feier für Obdachlose organisiert. Die Gefahr ist dabei nur, dass ein Single irgendwann wieder nur für andere Menschen lebt. Wenn er oder sie dieses Gefühl hat, wäre es besser, einfach eine schöne Feier mit Freunden zu organisieren. Es fehlt allgemein total an coolen christlichen Christmas-Partys. Unsere christliche Szene braucht tolle lustige Weihnachtsveranstaltungen für Singles, die nicht langweilig und konservativ sind. Vielleicht gehen wir das irgendwann als Backstube Traumpartner an.

ERF Online: Vielen Dank für das Interview.