16.11.2014 / Wort zum Tag

Offenbarung 22,3-4

"Seine Knechte werden ihm dienen und sein Angesicht sehen und sein Name wird an ihren Stirnen sein."

Offenbarung 22,3-4

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Im letzten Kapitel der Bibel dieser herrliche Ausblick: ich werde Gott sehen, wie er ist, werde ihm allein dienen, und sein Name wird an meiner Stirn sein. „Sein Name wird an meiner Stirn sein“? was heißt das eigentlich? Ich treffe öfter Väter und Mütter, die haben sich voller Begeisterung den Namen ihres Kindes auf den Arm tätowieren lassen. Nun, ich weiß nicht, ob das der 13jährigen nicht einmal „voll peinlich“ ist - - - und wenn schon, dann sollte wohl eher der Name der Ehefrau/-mannes darauf stehen, denn beide sind eins, sagte Jesus; während Kinder aus dem Haus gehen… Aber ich kann da eigentlich nicht mitreden, denn ich habe keine Kinder. Es muss unwahrscheinlich schön sein, Mutter zu werden, ich bin auch immer wieder begeistert von so einem kleinen Wesen! So muss das wohl auch Gott empfinden, wenn er „unser Vater“ sein möchte? Und er wünscht sich umgekehrt, dass ich seinen Namen immer vor mir habe – so etwa bedeutet das: der „Name an der Stirn“, an der Stelle, wo ich denke und fühle.
Vielleicht sollte man den Bibelvers anders betonen: „Seine Knechte werden IHM dienen, SEIN Angesicht sehen, SEIN Name wird an ihren Stirnen sein?“ Wieviel anderem diene ich? Ich diene keinem Oberkirchenrat, ich diene auch keiner Gemeinde – streng genommen, denn letztlich darf nur Gott mir sagen, was dran ist. Manchmal scheue ich mich, ihn zu fragen „Herr, was ist dran?“ weil ich vermute: bestimmt Arbeit! Stimmt nicht – wie oft habe ich schon das OK bekommen für eine Pause und durfte mich fallenlassen.
SEIN Angesicht sehen – das über mir leuchtet – auch wenn dieser Tag heute nur dunkel sein sollte.
Ich schreibe diese Andacht im August, als im Irak der furchtbare Völkermord droht. Der Ausdruck „SEIN Name an meiner Stirn“: das erinnert mich an Häuser im Irak, bewohnt von Jesus-Anhängern: der große Buchstabe „N“ – für „Nazarener“ – von den IS-Kämpfern an ihre Häuser geschrieben als Warnung und Drohung. Die Christen haben das nicht selbst hingeschrieben, aber sie sind erkennbar als Christen in ihrer Umwelt. Ich hoffe, dass ich das auch bin: erkennbar als Kind Gottes. Der Name Jesu als Kampfansage – und so möchte ich das auch sehen für mein Leben: Wenn ich Gottesdienste beginne „Im Namen des dreieinigen Gottes“ – als Kampf gegen andere Geister, die den Menschen besetzen. Der Name Jesu als Kampfansage in meinem Alltag, wenn Traurigkeit und Miss-Stimmung nach mir greifen.
Ja, mein Alltag ist viel harmloser als der Alltag meiner Brüder und Schwestern im Irak! Was erzähle ich da von Problemen mit meinen Katzen; ich schäme mich fast dafür. Aber vielleicht ist das ein Stück ausgleichende Gerechtigkeit, dass wir hier in Wohlstand und Frieden auch unsere Sorgen haben? Ich laufe nicht den ganzen Tag herum voller Dank und mit einem seligen Lächeln auf den Lippen; ich kämpfe auch und bin traurig und mir ist bange. Und hier in meinem Alltag will ich den Namen Jesu immer vor mir haben und an seine Macht denken, will seinen Namen aussprechen über den Problemen, und sei es über Problemen mit Katzen. 
- Möchten Sie übrigens wissen, wie es weitergegangen ist? Meine Hauskatze kam gestern zum Fressen aus ihrem Versteck, ich trug sie in den Garten, sie war ganz folgsam – ich hielt sie mit dem berühmten Griff am Nackenfell, der Katzen bewegungslos macht – und konnte ihr tatsächlich die Jodlösung in beide Ohren füllen; danach habe ich sie noch eine Weile weiter festgehalten und gekrault, damit sie spürt: es ist alles in Ordnung, auch wenn das jetzt sehr unangenehm war. – Sicher ist das ein zu harmloser Vergleich für das, was Gott tun wird, wenn wir einmal bei ihm sind? Wenn nur noch ER der Herr ist, und ich sein liebevolles Angesicht sehe? Ich hoffe und bete, dass meine Brüder und Schwestern im Irak heute schon etwas von seiner Macht und seinem Frieden spüren – trotzdem!
 

Autor/-in: Pfarrerin Renate Schmidt