06.12.2022 / Wort zum Tag

Nikolaus und die Gerechtigkeit für die Hungernden

Wir warten aber auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt.

2. Petrus 3,13

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Viele Menschen auf unserer Welt leiden unter Ungerechtigkeit. Umso mehr sehnen sie sich nach Gerechtigkeit. „Wir warten aber auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach  Gottes Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt.“ So lautet der Lehrtext der Herrnhuter Brüdergemeine aus dem 2. Petrusbrief Kapitel 3, Vers 13.

Gerechtigkeit – was ist damit gemeint? Manche sagen: „Gerechtigkeit bedeutet: Jeder bekommt das, was er verdient. Die Gutes tun, werden belohnt. Die Böses tun, werden bestraft.“ Andere denken bei Gerechtigkeit vor allem an notleidende Menschen und heben hervor: Sie haben ein Recht auf ausreichende Versorgung, auf Hilfe.

Für Nikolaus war besonders dieser Gesichtspunkt von Gerechtigkeit wichtig. Er lebte im 3. und 4. Jahrhundert nach Christus und diente den Christen der Stadt Myra als Bischof. Myra war eine Hafenstadt. Sie gehörte zum Römischen Reich und lag an der Südküste der heutigen Türkei.

Die Gegend wurde einmal von einer schrecklichen Dürre heimgesucht. Kein Korn wuchs mehr auf den Feldern. Die Vorräte an Nahrungsmitteln gingen aus. Die Menschen hungerten.

Da meldete man Nikolaus: Im Hafen sind einige Schiffe eingetroffen, deren Laderäume voll sind mit Weizen. Der Bischof eilte zum Kai herunter. Er sprach die Schiffsleute an: „Gebt uns aus jedem eurer Schiffe nur hundert Maß Weizen – so können wir die Hungernden retten.“ Doch die Schiffsleute erwiderten: „Vater, das trauen wir uns nicht zu tun. Wir haben das Korn in Ägypten geladen, in Alexandria, und es ist bestimmt für die Vorratsscheunen des Kaisers. Wir müssen es vollständig dort abliefern, sonst erwartet uns eine harte Strafe.“ Da sprach Nikolaus: „Tut, was ich euch sage, und ich schwöre euch bei der Kraft Gottes, dass ihr keinen Verlust haben werdet, wenn der Kornmesser des Kaisers die Menge im Empfang nimmt.“

Da erfüllten die Schiffsleute Nikolaus´ Bitte. Und tatsächlich: Als sie zu den Beamten des Kaisers kamen, wurde genau so viel Weizen gemessen, wie sie in Alexandria geladen hatten. Nikolaus teilte unterdessen das Korn aus an das Volk, je nachdem, wie viel jeder brauchte. Und von dem wenigen Korn wurde das ganze Land zwei Jahre gespeist, und es blieb noch genug zur Aussaat übrig[1]. So ist es überliefert.

Nikolaus wartete auf den neuen Himmel und die neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt. Er sehnte sich danach, dass Gott einmal auf der ganzen Welt Gerechtigkeit herstellen wird. Doch als Wartender blieb er nicht untätig sitzen. Er tat, was er konnte, um für die Menschen seiner Stadt Gerechtigkeit zu gewinnen. Er fand es nicht gerecht, dass der Kaiser und sein Hofstaat - die ohnehin alles im Überfluss hatten - den ganzen Weizen bekämen, aber die Menschen von Myra verhungerten. Gott ist doch gerade den Notleidenden verbunden. Gott will ihnen Gerechtigkeit zukommen lassen – nicht erst in der Zukunft, sondern auch schon jetzt.

Nikolaus war gewiss: Wenn Menschen auf Gott vertrauen und in solchem Vertrauen anfangen zu teilen, dann tut Gott das Seine dazu, um mit den gespendeten Gaben Not zu lindern. Und es wird genug bleiben auch für die, die abgeben.

Heute ist Nikolaustag. Nehmen wir uns Nikolaus als Vorbild. Er hat uns gezeigt, wie wir aktiv auf Gottes Reich der Gerechtigkeit warten können.

Fußnote:

[1] Die Legende ist erzählt – teilweise wörtlich – nach der Legenda aurea des Jacobus de Voragine, aus dem Lateinischen übersetzt von Richard Benz, Gerlingen 111993, Seite 28

Autor/-in: Pastor Martin Knapmeyer