23.09.2022 / Wort zum Tag

Mit oder ohne Selbstbeteiligung?

Aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es.

Epheser 2,8

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Die meisten Menschen sind nicht gern abhängig von anderen. Im Menschen steckt der starke Wunsch, selbstbestimmt zu leben. Ein menschenwürdiges Leben ist ein Leben in Selbstbestimmung und Freiheit. Aber passt dazu das, was Paulus über das neue Leben als Christin und Christ sagt: „Eure Rettung ist wirklich reine Gnade, und ihr empfangt sie allein durch den Glauben. Ihr selbst habt nichts dazu getan, sie ist allein Gottes Geschenk.“ Warum lässt Gott die Menschen nicht auch selbst etwas zu ihrer Rettung beitragen? Seine Antwort: „Dazu steckt jeder Mensch zu sehr in einem Sumpf aus Egoismus, Geltungsbedürfnis und Ungehorsam. Aus dem kann er sich unmöglich selbst befreien.“

„Einspruch!“, denken Sie jetzt vielleicht. „Ich muss doch wenigstens meine Hand nach dem Retter ausstrecken, damit er mich aus dem Schlamassel ziehen kann! Jesus mag mir 99 Schritte entgegenkommen – aber den einen letzten und entscheidenden Schritt muss ich doch selbst wollen und tun.“ Doch Paulus widerspricht. Unsere Rettung geschieht allein „aus Gnade“, oder wie es auf Latein heißt: „gratis“, ohne jede Vorleistung und ohne Selbstbeteiligung.

Wenn man aber selbst nichts dazu beitragen kann, dass man an Gott glauben kann, dann ist man doch letztlich für den eigenen Glauben gar nicht verantwortlich! Ein christliches Leben führen zu wollen, ist dann doch gar nicht mehr nötig! Aber das kann doch nicht im Sinne Gottes sein, oder? Darauf antwortet Paulus. „Wir sind ganz und gar Gottes Werk. Durch Jesus Christus hat er uns so geschaffen, dass wir nun Gutes tun können. Er hat sogar unsere guten Taten im Voraus geschaffen, damit sie nun in unserem Leben Wirklichkeit werden.“ Vielleicht klingt das in Ihren Ohren widersprüchlich. Manchmal hilft dann ein Beispiel zum besseren Verstehen:

Ich bin verheiratet und habe erfahren: Die Ehe ist unter anderem deshalb eine gute Einrichtung, weil sie mich entlastet. Ich weiß: Meine Frau gehört ohne Wenn und Aber zu mir. Ich muss mir nicht jeden Morgen neu überlegen, was ich alles tun muss, um verheiratet zu bleiben. Meine Ehe muss ich mir nicht täglich neu erarbeiten, sondern meine Ehe besteht, weil meine Frau und ich auf der Grundlage unserer Liebe einmal einen Bund geschlossen haben. Aber das ist ja nur die eine Seite. Mir ist andererseits auch klar: Eine Beziehung, für die ich mich nicht einsetze, kann auf Dauer nicht gelingen, Ehebund hin oder her. Wenn ich mein ganzes Leben beim Bier vor dem Fernseher verbringe, wenn ich keinen Einsatz für meine Ehepartnerin zeige, setze ich unsere Beziehung aufs Spiel.

Dasselbe gilt auch für Ihre Beziehung zu Jesus: Sie können diese Beziehung nicht durch Ihre Anstrengung herstellen. Sondern Sie haben sie, weil Jesus Sie gerettet hat. Weil er Sie ohne Wenn und Aber liebt. Auf der Grundlage seiner Liebe hat Gott durch Jesus einen Bund mit Ihnen geschlossen. Dennoch muss diese Beziehung täglich bewusst gelebt werden, denn sonst hört sie schnell auf, eine Beziehung zu sein. Durch Ihr Leben zeigen Sie, wie wichtig Ihnen Ihre Beziehung zu Gott ist. Ja, aus reiner Gnade hat Gott Sie gerettet. Dafür sind Sie von Herzen dankbar. Doch auch die Dankbarkeit hat Gott in Ihr Herz gelegt. Und durch Ihr Leben können Sie diesem Dank Ausdruck verleihen.

Autor/-in: Pfarrer Jens Brakensiek