17.02.2022 / Wort zum Tag

Meine Tagesordnung, Gottes Tagesordnung

Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich!

Psalm 25,5

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Das wäre dann mal ein Gebet am Morgen: „Leite mich in deiner Wahrheit!“ Oder anders: Weise du mir den Weg! Zeig mir, was richtig ist und was falsch. Hilf mir, News von Fake News zu unterscheiden. Tatsachen von Falschmeldungen. Gib, dass ich nicht auf Verführer und Rattenfänger hereinfalle. Zeig mir auch, was dran ist – heute - für mich. Was deine Tagesordnung ist.“ Und: „Lehre du mich. Ich verstehe so vieles nicht. Nicht in der Welt. Nicht in meinem Leben. Zeig mir, wer du bist und wer ich bin.“

Oft klingen meine Gebete am Morgen anders. Ich präsentiere Gott meine Tagesordnung, was ich mir so alles vorgenommen habe und was mir von anderen aufgetragen worden ist, und ich bitte ihn mitzukommen und mich zu segnen auf dem Weg.

Das ist nicht falsch. Aber doch irgendwie zu wenig.

Ich habe von einem afrikanischen Ehepaar gehört und von ihrer Art am Morgen zu beten. Sie erzählt Gott alles, was sie auf dem Herzen hat, präsentiert ihm eine lange Liste von Anliegen, also all das, was so anliegt heute und morgen und überhaupt, nennt ihm die Namen der vielen Menschen, die ihr wichtig sind und die er doch bitte segnen möge, und sagt ihm zuweilen auch, wie er das am besten tun könnte. Und endet mit Amen, wenn sie Gott alles gesagt hat, was sie ihm sagen wollte. Das tut ihr gut. Und es ist ein Ausdruck ihres Vertrauens.

Er betet meist nur einen knappen Satz: „Hier bin ich Gott. Bitte sag, was du heute vorhast mit mir! Amen!“

Nein, nein, nicht er macht’s richtig, und sie macht’s falsch. Wir dürfen unser Herz bei Gott ausschütten. Dürfen ihm erzählen, was uns begeistert und was uns bekümmert. Dürfen ihm unsere Pläne präsentieren und unsere Menschen und dürfen Gott um seinen Segen bitten. Aber wir müssen ihm nicht lang und breit erklären wie’s uns geht, aus Sorge, er könnte uns sonst missverstehen. Er kennt uns besser als wir uns selbst kennen. Und er liebt uns. Wir müssen ihm auch keine Vorschläge präsentieren, wie er am besten mit den Menschen, die uns wichtig sind, umzugehen hat, aus Sorge, er könnte diese Menschen sonst vergessen, und ihm könnten die Ideen ausgehen, wie ihnen am besten zu helfen ist. Er kennt auch die anderen besser, als wir sie zu kennen meinen. Und er liebt sie noch mehr als wir!

Manchmal ist unser Beten nicht Ausdruck unseres Vertrauens, sondern im Gegenteil Ausdruck unseres Misstrauens. Nein, wir müssen Gott nicht erinnern, an uns nicht und an die anderen nicht. Und wir müssen ihm auch keine Ratschläge geben.

David betet anders: Zeig du mir deine Tagesordnung für mich. Zeig du mir, wo ich auf dem Holzweg bin, wo ich mich verrannt habe in meinen eigenen Wahrheiten. Zeig mir deine Wahrheit und hilf mir, mich danach zu richten. Zeig du mir, was heute dran ist für mich. Zeig mir die Menschen, die auf eine WhatsApp von mir warten, einen Anruf, einen Besuch. Lehre mich, was wichtig ist und was ganz und gar unwichtig.

Ich möchte so beten lernen. Und so leben. Mich jeden Tag neu auf den Weg machen, den er mir weist. Auch wenn das vielleicht meine Tagesordnung über den Haufen wirft. Wenigstens zeitweise. Wenn ich zurückstellen muss, was ich mir eigentlich vorgenommen hatte. Kohelet, der Weisheitslehrer aus dem Alten Testament, sagt: Alles hat seine Zeit. Alles ist irgendwann dran und irgendwann nicht. Gelingen wird nur, was ich zur richtigen, zur von Gott vorgegeben Zeit tue. Sonst kommt nichts wirklich Gutes dabei heraus. Also will ich meine Zeit immer wieder mit der Zeit Gottes synchronisieren.

Und damit schon beim ersten Gebet am Morgen beginnen:
„Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich!“

Autor/-in: Jürgen Werth