20.07.2024 / Wort zum Tag

Mehr geht nicht

Als der jüngere Sohn alles verbraucht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land und er fing an zu darben und ging hin und hängte sich an einen Bürger jenes Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten.

Lukas 15,14–15

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Unglaublich, was sich in der Geschichte abspielt. Jesus erzählt sie seinen Zuhörern – natürlich, um ihnen etwas Wichtiges deutlich zu machen. Und Jesus ist mit seinen Geschichten ganz nah dran am Leben der Menschen und damit auch an unserem. Das Herz des Menschen ist in den letzten 2000 Jahren ja nicht wirklich anders geworden.

Im Lukasevangelium, Kapitel 15 wird uns diese Geschichte erzählt:

Der jüngere Sohn eines Bauern mag nicht mehr: Die Plackerei auf dem Hof, immer angebunden zu sein bei seinem Vater, nie mal „richtig einen draufmachen können“ – nie einfach feiern mit seinen Freunden…, all das will er hinter sich lassen. Er will auf eigenen Füßen stehen, tun und lassen können, wozu er gerade Lust hat, ja, auch mal den „dicken Max“ markieren, das soll sein Leben sein! „Vater, zahle mir doch mein Erbe aus, und dann bin ich weg“. Ich will meinen eigenen Weg gehen! Und der Vater lässt ihn.

Gott zwingt niemanden, bei ihm zu bleiben. Und wie der Bauer – und Vater - in der Geschichte hat Gott jedem von uns unendlich viel Reichtum in das Leben mitgegeben. Und wie dichtet Manfred Siebald im Blick auf die Gaben Gottes für unser Leben? „Was wir so fest in Händen halten, das ist uns alles nur von Gott geliehn; wir dürfen es verwalten, wir dürfen es gestalten und geben es zurück an ihn.“

 Irgendwann wird Gott uns danach fragen: Was hast du mit und aus alledem gemacht?
 

So zieht der junge Mann in dieser Jesus-Geschichte los in die Welt. Er hat sich viel vorgenommen. Und er genießt das Leben in vollen Zügen. Dabei merkt er zunächst gar nicht, dass er in eine Welt hineingeriet, die von Grund auf von Egoismus, von Machtspielchen und Herrschaftsgehabe geprägt ist. Er hat von seinem Vater ja sooo viel mitbekommen – das wird schon eine Weile reichen. Ihm steht ein pralles, tolles Leben bevor.

Doch schneller, als er es gedacht hat, ist alles verbraucht. Plötzlich kann er nicht mehr aus dem Vollen schöpfen, und ebenso plötzlich bleiben die „Freunde“ weg. Schneller, als er denken kann, ist er einsam und auf sich allein gestellt. Nun hilft ihm niemand mehr. Wie sagt man dann in unserer Welt? „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“ oder „Jeder ist seines Glückes Schmied“ –Floskeln, die wohl nur das wiedergeben, was in der Welt normal ist.

Und so erzählt Jesus die Geschichte weiter, die sich seitdem millionenfach immer wieder in unserer Welt abspielt: „Als alles verbraucht ist, kommt eine große Hungersnot über jenes Land…“ Zum Elend kommt nun also noch die Not dazu. Und nun ist guter Rat teuer – er ist nun buchstäblich auf den Hund gekommen: „…er hängte sich an einen Bürger jenes Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten.“

Schweinehirte ist der Bauerssohn nun. Und es heißt weiter, dass er nicht einmal berechtigt ist, das Futter der Schweine für sich selbst zu nehmen. Jetzt haben die Schweine es schon besser als er.
 

Wird er jemanden finden, der sich seiner annimmt? Wird er eine angemessene und gut bezahlte Arbeit finden? Wird er, der aus einem so guten Hause kommt, überhaupt noch ein menschenwürdiges Leben haben können?

Ich bin unendlich dankbar, dass die Geschichte anders weitergeht, als es in unserer Welt normal ist: Er geht in sich. Er erinnert sich an sein Zuhause. Und er beginnt, über sein verkorkstes Leben nachzudenken. „Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße“.

Jetzt wird er demütig und will schuldbewusst und ohne den früheren Stolz zu seinem Vater zurückkommen, wohl wissend, dass er nichts mehr zu fordern hat.

Aber das ist nun das Größte an der Geschichte: Sein Vater hat schon lange nach ihm Ausschau gehalten und auf ihn gewartet.

So ist Gott! Er wartet auf mich, dass ich zurückkomme, wenn ich weggelaufen bin.  Mehr geht nicht! Aber das geht immer. Gott hat es versprochen!

Autor/-in: Pastor Johannes Holmer