15.09.2022 / Wort zum Tag

Mehr als Schall und Rauch

Wer unvorsichtig herausfährt mit Worten, sticht wie ein Schwert; aber die Zunge der Weisen bringt Heilung.

Sprüche 12,18

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Unser heutiges Bibelwort mahnt uns, achtsam mit unseren Worten umzugehen. Worte sind eben nicht Schall und Rauch, die ungehört oder folgenlos im Raum verklingen. Worte können beleidigen und verletzen, ja sie können sogar töten. So kennt unsere deutsche Sprache ein ausgesprochen scharfes Wort für die negativen Auswirkungen unseres Redens, wenn sie vom „Rufmord“ spricht. Man kann also Menschen durchaus schon mit Worten töten. Mobbingopfer wissen ein Lied davon zu singen. Es ist schlimm, wenn schon Kinder an jedem Morgen Angst haben, zur Schule zu gehen, weil sie in ihrer Klasse von Mitschülern ausgegrenzt und mit Worten fertig gemacht werden. Worte können also eine verheerende, nicht mehr gut zu machende Wirkung haben. Wie oft wird etwa die berufliche Existenz eines Menschen durch ein achtlos gestreutes Gerücht gefährdet oder gar zerstört. Wie schnell sorgen dahin geworfene Mutmaßungen in den sozialen Medien für die öffentliche Treibjagd auf einen Menschen, der dann selbst ein Bundespräsident in unserm Land zum Opfer fällt. Gefördert wird diese Entwicklung dann noch dadurch, dass manche dieser Schandmäuler sich für ihre Pöbeleien und Hasstiraden durch die Anonymität des Internets vor Verfolgung sicher wähnen.

In einem jüdischen Sprichwort heißt es: „Drei Dinge kehren nicht zurück: Abgeschossene Pfeile, das gesprochene Wort und verpasste Gelegenheiten“. Ja, ein einmal gesprochenes Wort kann nicht zurückgeholt und einfach wieder gelöscht werden. Nichts lässt sich schwerer wieder aus der Welt schaffen als lieblose, unbedachte Worte. Sie waren vielleicht gar nicht einmal böse gemeint, aber sie sind wie Pfeile, die andere mitten ins Mark getroffen und verletzt haben. Lassen Sie uns darum besonders achthaben auf unsere Worte und – bevor wir sie aussprechen – bedenken, was wir damit womöglich anrichten. Und wenn Ihnen in diesem Moment bewusstwird, wo Sie gerade in letzter Zeit durch ein liebloses, unbedachtes Wort einen andern verletzt haben, bitte ich sie um den Mut und die Entschlusskraft, den Betreffenden um Verzeihung zu bitten. Es ist der einzig angemessene Weg, um einer dauerhaften Entfremdung oder Verbitterung vorzubeugen.

„Wer unvorsichtig herausfährt mit Worten, sticht wie ein Schwert“, so heißt es in heute dem Bibelwort aus den alttestamentlichen Sprüchen. Wir werden dabei aber nicht nur vor gedankenlos daher geredeten Worten gewarnt. In dem folgenden Satz spricht es auch von der heilenden Wirkung von Worten. Wenige Verse zuvor ist davon die Rede, dass ein Mensch mit Worten auch viel Gutes bewirken kann. Wie sehr können Kinder, die sich sonst wenig zutrauen, durch ein Lob oder ein aufmunterndes Wort ermutigt und in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt werden! Und wie gut tut es auch in einer langjährigen Ehe, wenn der Ehepartner dem andern beim Guten-Morgen-Kuss versichert, dass er ihn immer noch liebhat und sich auf den gemeinsamen Tag freut. Nehmen Sie sich heute doch einmal bewusst vor, einem anderen Menschen ein freundliches Wort zu sagen: ein Dankeschön oder ein Lob. Sie werden erleben, wie gut das dem andern tut und wie sehr es ihn freut. Als hilfreiche Richtschnur für diesen Tag möchte ich Ihnen den Vorsatz empfehlen: „Ich will einen andern lieber einmal zu viel loben und wertschätzen als ihn gedankenlos schlecht machen und abschätzig über ihn reden“.

Autor/-in: Pastor Klaus Jürgen Diehl