22.06.2015 / Wort zum Tag

Matthäus 9,9

„Jesus sah einen Menschen am Zoll sitzen, der hieß Matthäus; und er sprach zu ihm: Folge mir! Und er stand auf und folgte ihm.“

Matthäus 9,9

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Im letzten Sommerurlaub haben wir gemeinsam, meine Frau und ich, eine Fahrradtour unternommen. Wir sind einen Teil des Weser-Radweges entlang gefahren. Auf unserer Route lag auch die Stadt Hameln, die als „Rattenfänger-Stadt“ bekannt geworden ist. Auch heute noch wird die Geschichte vom „Rattenfänger“ am Wochenende auf dem Marktplatz von einer Laienspielgruppe aufgeführt.

Daran musste ich denken, als ich die Aufforderung Jesu: „Folge mir nach!“ gelesen habe. Ich vermute, die „Rattenfänger-geschichte“ ist recht weit bekannt. Zumindest weiß man wohl, dass die Kinder der Stadt Hameln, - vom Flötenspiel fasziniert und verführt -, dem „Rattenfänger“ gefolgt sind.

Mit Faszination hat auch das zu tun, wie Jesus Menschen anspricht und diese ihm folgen. Doch er verführt sie nicht, vielmehr holt er sie heraus aus einem Leben ohne Gott und führt sie den Weg zum Leben im Vertrauen auf Gott. Diejenigen, die Jesus gefolgt sind, so wie es die Evangelien berichten, waren einige Jahre mit ihm unterwegs. In dieser konkreten und leibhaftigen Weise ist mir das nicht möglich. Nachfolge im buchstäblichen Sinne geht ja nicht mehr.

Vor einigen Wochen haben wir in meiner Gemeinde Himmelfahrt gefeiert und von Jesus festgehalten, was das Glaubensbekenntnis so beschreibt: „aufgefahren in den Himmel, sitzend zur rechten Gottes des Vaters“. Jesus geht also nicht mehr vor mir her. Dementsprechend kommt das Wort „nachfolgen“ außerhalb der Evangelien kaum noch vor. Die neutestamentlichen Briefe beschreiben die Nachfolge mit anderen, ganz unterschiedlichen Begriffen. Da heißt es zum Beispiel: „Gehorsam gegen Christus“ oder „Christus angehören“; auch begegnet: „Nachahmer Gottes“ sein, oder „Aufsehen auf Jesus“, usw. Auch gibt es das Wort Nachfolge nicht als Substantiv im Neuen Testament, aber das, was das Verb „nachfolgen“ in den Evangelien meint, und das, was die Briefe mit vielen anderen Wörtern zum Ausdruck bringen, das gibt es auch heute noch. Nachfolge drückt sich immer in einem konkreten Tun aus. Als Christ fühle ich mich herausgefordert, mein Tun an dem zu messen, was Jesus seinen „Nachfolgern“ gesagt hat. Das ist nicht immer einfach, und was das bedeutet, hat der große Philosoph und Theologe Sören Kierkegaard mal beschrieben. Er hat die, die Jesus nachfolgen denen gegenübergestellt, die ihn nur gut finden und bewundern. Ich zitiere:

„Jesus will keine Bewunderer sondern Nachfolger Die Bewunderer rühmen die großen Taten Jesu in der Welt von gestern. Die Nachfolger wissen, dass Jesus in der Welt von heute anwesend sein will. Die Bewunderer gehen einer letzten Entscheidung für Jesus geschickt aus dem Wege. Die Nachfolger verbinden ihr Schicksal vorbehaltlos mit dem Schicksal Jesu. Die Bewunderer sind heute begeistert von Jesus und morgen von einem anderen. Die Nachfolger können ihren Herrschaftswechsel nicht mehr rückgängig machen. Bewunderer fragen: Was habe ich von Jesus? Die Nachfolger fragen: Was hat Jesus von mir? Die Bewunderer sonnen sich gerne und oft im Glanze Jesu. Die Nachfolger wenden sich gerne willig dem Elend der Welt zu. Nein – Jesus will keine Bewunderer; auf sie kann er verzichten. Auf Nachfolger nicht .“

Soweit die Gedanken von Sören Kierkegaard. Ich kann also heute, genauso wie die Jünger damals, erleben, dass Jesus nicht in die Irre führt, sondern zum Leben führt. Sein Wort ist auch heute lebendig und gibt mir durch seinen Geist Impulse, sein hilfreiches Vorbild in meinem alltäglichen Leben anzuwenden. So will ich auf sein Wort hören,  aufstehen und ihm nachfolgen.

Autor/-in: Pastor Ralf Schöll