24.11.2015 / Wort zum Tag

Matthäus 6,13

Erlöse uns von dem Bösen.

Matthäus 6,13

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Es steht als Bitte im Vater unser. Ziemlich weit hinten. „Erlöse uns von dem Bösen“. Um dann gleich in den Jubelgesang überzugehen: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.“ Weil man sich nie zu lange beim Böse aufhalten soll. Damit es nicht Herz und Hirn und Gedanken und Gefühle belegen und belagern soll.

Das Vater unser, die Mutter aller Gebete. Das Maß aller Gebete. Steinalt und jeden Tag neu. Martin Luther empfiehlt tatsächlich, es jeden Tag zu beten. Und das gleich mehrfach. Obwohl er weiß, dass dieses Gebet ein Märtyrer ist. „Das Vaterunser ist der größte Märtyrer auf Erden. Denn jedermann plagt's und missbraucht’s“, hat er einmal geschrieben. Weil dieses Gebet häufig nur gedankenlos dahingeplappert wird. Dahingeplappert wurde, muss man vielleicht eher sagen. Denn es gerät genauso in Vergessenheit wie andere grundlegende Texte des christlichen Glaubens.

Und trotzdem. Luther würde dieses Gebet auch heute noch empfehlen; wie er das vor rund 500 Jahren seinem Barbier Beckendorf empfohlen hat. Denn in diesem Gebet steckt alles drin, was einer beten kann und beten soll. Schließlich ist es das „Gebet des Herrn“. Von Jesus höchstpersönlich formuliert, nachdem ihn die Jünger gefragt hatten, wie Beten eigentlich geht. Kurz und gut und gefüllt. Die ganze Erde und der ganze Himmel.

Und am Schluss dieses gewaltigen Gebetes das gewaltige: „Erlöse uns von dem Bösen!“ Von dem Bösen in dieser Welt und in unseren Herzen. Von dem Bösen um uns und in uns. Erlöse uns heute. Erlöse uns täglich neu.

Ist hier eigentlich das Böse gemeint? Das Böse schlechthin und überhaupt? Oder der Böse? Der Teufel, der Satan, der Diabolos, der große Widersacher Gottes?

Ich glaube, beides. Denn das Böse ist wohl nicht von dem Bösen zu trennen. Auch wenn der Böse lange als mittelalterlicher Popanz belächelt wurde.

In den 60er Jahren gab es dazu - quasi als Protestsong - einen eindrucksvollen Schlager von Ralf Bendix: „Alle Leute sagen, es gäbe keinen Teufel“. Ein paar Textzeilen:

Kannst Du mir sagen, wo die Angst herkommt
in der Nacht, wenn es klingelt an der Tür?
Kannst Du mir sagen, wo die Sucht herkommt
nach dem Rausch, dem Vergessen, nach dem Geld?
Kannst Du mir sagen, wo die Hast herkommt,
die jeden Tag meines Lebens bestimmt?
Aber alle Leute sagen, es gäbe keinen Teufel.
Ich weiß, es gibt den Teufel, denn ich kenne ihn,
und er kennt mich leider auch, und kennt mich gut.
Was soll ich tun? Ich weiß es,
und ich schreie dann,
schreie um Hilfe, ob mich einer retten kann.

Was schreit man denn da? Am besten wohl das: „Vater unser, erlöse uns von dem Bösen!“ Ja, ja, ja! Immer und immer wieder. Erlöse uns, Vater im Himmel! Jede Minute unseres Tages und irgendwann ganz und gar. Das Böse, der Böse, der uns entfremdet, sich zwischen uns und Gott schiebt, zwischen uns und unsere Mitmenschen. Das Böse, der Böse, der uns ins Dunkel lockt. Der uns alle Hoffnungen erbarmungslos austreiben will. Das Böse, der Böse, der sich an die Stelle Gottes setzen will. An die Stelle der Liebe und des Erbarmens und des Lichtes. Das Böse, der Böse, dessen Bosheit darin gipfelt, dass er sich als der Gute darstellt. Der Fürst der Finsternis gibt den „Engel des Lichts“. Darauf weist Paulus in seinem 2. Brief an die Korinther hin (11, 14).

Es ist da. Er ist da. Dunkel und hell zugleich. Er umzirzt und betört uns. Er bedroht und bedrückt uns. Wir müssen auf der Hut sein. Auf der Hut und - besser noch - an der Hand. An der Hand des einzig guten Hirten, unseres Herrn Jesus Christus. An der Hand dessen, der das Licht ist. Das Licht und die Liebe.

Darum wollen wir es beten, heute und immer wieder: „Erlöse uns von dem Bösen! Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“

Autor/-in: Jürgen Werth