04.01.2015 / Wort zum Tag

Matthäus 6,12

"Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern."

Matthäus 6,12

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„Was zusammen gehört, muss auch zusammenwachsen.“ So sagte es ein bekannter Politiker im Blick auf die damals überwundene Trennung unseres Landes. Und er ahnte wohl, dass dies von heute auf morgen nicht zu machen war.
Das gilt auch von der bekannten Bitte des Vaterunsers: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“
Auch hier könnte man sagen: „Was zusammen gehört, muss auch zusammenwachsen“. Die Vergebung, die wir von Gott empfangen haben, und die Vergebung, die wir einander gewähren.
Die Vergebung, die wir von Gott erbitten und erhoffen, und die Vergebung, die wir andern Menschen immer wieder verweigern.
Es gibt hierzu ja ein berühmtes Beispiel, das Jesus einmal erzählte. Die Geschichte von dem Wirtschaftsmanager, dem vom Inhaber der Firma eine unermesslich große Schuldsumme erlassen wird. Doch der Manager versucht unmittelbar danach auf kleinliche und brutale Weise, bei einem seiner Mitarbeiter eine viel geringere Summe einzutreiben…
Ich schüttele den Kopf, doch verhalte ich mich nicht oft ganz genauso und „reiße auseinander, was zusammengehört“: Die Barmherzigkeit, die wir von Gott empfangen haben und die Barmherzigkeit, die wir andern gewähren?
Wie oft sind wir hartherzig und unbarmherzig im Umgang mit Menschen, die uns Unrecht angetan und uns innerlich verletzt haben.
Wir tragen ihnen ihre Versäumnisse und Fehler nach.  Doch die Leidtragenden sind am Ende wir selber.
Wir werden misstrauisch und ängstlich, verbittert und wütend und haben Sorge, wieder verletzt zu werden, wenn wir uns zu sehr auf Menschen einlassen.
Doch wenn wir nicht lernen zu verzeihen, räumen wir den anderen Macht über uns ein. Vielleicht sind sie längst gestorben oder glücklich mit anderen Partnern zusammen. Nur wir drehen uns noch immer in der Schleife der Unversöhnlichkeit.
Viele Menschen haben im Laufe der Jahre so viele Verletzungen erlitten, dass es ihnen schwer fällt einzusehen, wie notwendig es ist zu vergeben.
Sie haben gelernt, mit den Verletzungen zu leben, haben sich innerlich arrangiert, und der Schmerz ist mittlerweile so vertraut wie ein guter Freund. Doch sie sind nicht wirklich frei, um wagemutig und voller Zuversicht voranzuschreiten. 
„Vergebung ist ein wichtiger Schritt zurück in unsere Zukunft,“ Hat mal einer gesagt.
Denn Vergeben bedeutet: endlich aufhören, die alten Geschichten immer wieder aufzuwärmen und ewig die gleichen Bilder aus der Vergangenheit hochzuholen. Nur wenn wir lernen zu vergeben, kann unser Leben wieder wirklich „lebendig“ werden.
Leichter gesagt als getan? Dann ist es vielleicht hilfreich sich an den Ausgangsgedanken zurück zu erinnern: „Was zusammen gehört, muss auch zusammenwachsen.“
Manchmal braucht es Zeit, viel Zeit, bis die Bereitschaft zu wirklicher Vergebung wie eine Frucht herangereift ist. Doch sie kann nur reifen, wenn das je länger je mehr zusammenwächst, was zusammengehört - die Vergebung, die wir andern gewähren und die Vergebung, aus der wir selber leben.
 

Autor/-in: Lothar Podszus