06.07.2011 / Wort zum Tag

Matthäus 5,11-12

Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit lügen. Seid fröhlich und getrost; es wird euch im Himmel reichlich belohnt werden.

Matthäus 5,11-12

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„Mein Schwiegervater hat gesagt, er kommt nicht zu unserer kirchlichen Trauung, wenn Sie die machen“, sagt die junge Frau, „deshalb haben wir den Nachbarpastor gefragt.“ Ich bin schockiert. Zwei Mal hab ich den Mann bei einer öffentlichen Versammlung reden hören, aber nie ein persönliches Wort mit ihm gewechselt. Was hat der gegen mich?

Jesus sagt in dem Bibelwort für heute: „Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit lügen.“ Nun, die Menschen reden in der Tat allerlei Übles gegen mich. Wenn man von allen geliebt werden will, ist Pastorin definitiv der falsche Beruf. Vieles weiß ich zum Glück nicht und will es auch gar nicht wissen. Aber manchmal bin ich auch sehr verletzt. Wenn mir Worte im Mund herumgedreht werden. Wenn ein Urteil bereits feststeht, ohne dass man auch nur einmal mit mir gesprochen hat.

Ich bleibe aber heute am zweiten Halbsatz hängen: „Wenn sie damit lügen.“ Und ich frage mich: Warum macht Jesus diese Einschränkung? Immer häufiger kommen Menschen wegen Mobbing in die Seelsorge oder Beratung. Ich denke an eine Frau. Sie beklagte sich bitter über ihre Kolleginnen in der Anwaltskanzlei, die ihr das Leben schwer machten. Nur mit der Chefin verstehe sie sich gut. Ich sagte: „Malen Sie mir das mal auf, Ihr Bild von den inneren Beziehungen bei Ihnen im Büro.“ Sie malte alle Kolleginnen in einem Halbkreis stehend, am Beginn des Halbkreises die Chefin, sie selber stand als Zweite daneben, zwischen der Chefin und der Stellvertreterin. Nachdem sie das aufgemalt hatte, brauchte ich sie gar nicht mehr zu fragen, warum die anderen sie mobbten. Sie sah selber, auf ihrem eigenen Bild, dass sie sich einen Platz anmaßte, der ihr gar nicht zustand. Dass vieles im Büro für sie besser laufen würde, wenn sie sich mit den Kolleginnen verbünden würde statt mit der Chefin.

„Wenn sie damit lügen.“ Ich sehe das als Aufforderung von Jesus, meinen eigenen Anteil nicht zu unterschlagen. Wenn Menschen sauer auf mich sind und schlecht über mich reden, bin ich nicht nur Opfer. Manchmal habe ich selber etwas dazu beigetragen. Habe vielleicht Aufgaben an mich gerissen, für die ich gar nicht zuständig bin. Habe Grenzen überschritten und mich in Dinge eingemischt, denen ich besser ihren Lauf gelassen hätte. Habe andere übergangen und sie damit verletzt. Habe vielleicht die Wahrheit gesagt, aber ohne Liebe.

Natürlich steckt bei manchen bösen Worten gegen Pastorinnen oder Christen auch eine Abwehr gegen Glauben und Kirche dahinter. Man hält sowieso nichts davon und ist froh, wenn man etwas findet. Fast jeder kennt einen Pastor, über den er sich mal schrecklich geärgert hat, und kann darüber eine lange Geschichte erzählen. Und die hält man dann sein Leben lang am Kochen, und es dient nicht selten als Vorwand, sich nicht ernsthaft mit dem Glauben zu beschäftigen und bei jeder sich bietenden Gelegenheit darüber abzulästern.

Seid fröhlich und getrost, sagt Jesus, wenn die Menschen um meinetwillen Übles gegen euch reden, wird es im Himmel reich belohnt werden. So hab ich das noch nie gesehen. Kein Grund zum Ärger, wenn Menschen wegen des Glaubens schlimme Dinge über mich erzählen. Im Gegenteil, Grund zur Freude, denn im Himmel werde ich dafür belohnt. Vielleicht sollte ich das mal sagen, wenn mir das nächste Mal ein böses Gerücht zugetragen wird: Danke, das bringt mir Punkte im Himmel.
 

Autor/-in: Pastorin Luitgardis Parasie