21.01.2015 / Wort zum Tag

Matthäus 28,18-19

"Christus spricht: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machte zu Jüngern alle Völker."

Matthäus 28,18-19

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"Alle Gewalt" – meine Güte, klingt das vollmundig. Wie mag es sich erst für die Jünger damals angehört haben, zu denen Jesus das sagt, damals nach der Auferstehung. Kurz bevor er zu seinem Vater in den Himmel geht. „Als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder, etliche aber zweifelten“, heißt es in der Bibel. Na also. Denn von Gottes Gewalt war ja nun gar nichts zu sehen. Sie waren allein, 11 verstörte Männer. Und keiner konnte damals ahnen, wie schnell sich der Glaube an Jesus Christus ausbreiten würde im Vorderen Orient, bis nach Athen und Rom. Wo Christen in der Arena wilden Tieren zum Fraß vorgeworfen wurden und singend in den Tod gingen – und die Zuschauer sagten: Wer so sterben kann, an dessen Glaube muss was dran sein. Was dazu führte, dass der Glaube sich noch schneller ausbreitete. "Mir ist gegeben alle Gewalt" – gerade in Schwachheit und Sterben zeigt sie sich oft.

Sehr eindrücklich sah ich das vor einiger Zeit in dem Film „Von Menschen und Göttern“. Eine wahre Geschichte zur Zeit der politischen Unruhen und Aufstände in Algerien, um 1995. Rebellengruppen verbreiten Angst und Schrecken. In der Nacht vom 26. auf den 27. März 1996 werden sieben Mönche aus ihrem kleinen Kloster im Atlasgebirge entführt und später ermordet. Der Film zeichnet ihr Schicksal nach. Er wurde international mit Preisen überhäuft.

Vier Stunden am Tag singen die Mönche in Gebeten. Sie teilen alles untereinander, aber vor allem teilen sie auch mit den Armen.
Von Beruf waren sie Bauern, Arzt, Jurist, Handwerker. Sie heirateten nicht. Sie wollten ihre Liebe den Menschen geben, die sonst niemand liebt. Sie hatten keinen privaten Besitz. Verdienten durch ihre Arbeit, was sie brauchten, und gaben das Überflüssige dorthin, wo sie Not sahen.

Eine der stärksten Stellen im Film: Da steht einer vor Christian, dem Abt, bewaffnet bis unter die Zähne. „Tod oder Leben?“ sagt er. „Du hast keine Wahl.“ Und Christian sagt: „Doch!“ Ich habe die Wahl. Die Freiheit eines Christen ist immer stärker. Weil ich jemanden auf meiner Seite habe, dessen Liebe zu mir größer ist als der Tod.

Sie hatten immer die Wahl gehabt. Und sie hatten sich für Größeres entschieden.
Zitat aus dem Film: „Warst du schon mal verliebt? So was in deinem Inneren. Das nicht kontrollierbar ist und dein Herz höher schlagen lässt?“
„Ja, mehrere Male sogar. Aber dann später habe ich eine andere Liebe erfahren, eine größere.“

Diese innere Freiheit, die Kraft dieser Liebe, wird auch in Christians Testament deutlich, das man nach seinem Tod fand. Christian hatte das schlimme Ende schon seit Jahren vorausgeahnt. In seinem Testament schrieb er: „Wenn es eines Tages geschehen sollte, dass ich ein Opfer des Terrorismus werde, der sich nun auch gegen alle Fremden in Algerien zu richten scheint, so möchte ich, dass meine Gemeinschaft, meine Kirche, meine Familie sich daran erinnern, dass mein Leben Gott und diesem Land geschenkt war. Ich möchte, wenn dieser Augenblick kommt, so viel ruhige Klarheit haben, dass ich die Vergebung Gottes und meiner Menschengeschwister anrufen kann, aber ebenso, dass ich dem aus ganzem Herzen vergeben kann, der mich umbringen wird. Mein Tod scheint denen recht zu geben, die mich immer für zu naiv oder idealistisch gehalten haben. Aber jene, die so dachten, müssen wissen, dass nun endlich meine Neugier gestillt wird. Nun werde ich, wenn es Gott gefällt, meinen Blick mit dem des Vaters vereinen dürfen.
Und auch du bist eingeschlossen, Freund meines letzten Augenblicks, der du nicht weißt, was du tust. Dass es uns geschenkt ist, uns als glückliche Schächer im Paradies wiederzusehen, wenn es Gott, dem Vater von uns beiden, gefällt.“

So wie Christian es geahnt hat, so kommt es: Die Mönche werden ermordet. Und doch strahlt aus jeder einzelnen Sequenz des Films die Kraft ihres Glaubens. An den, der den Tod überwand und der sagt: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“

Autor/-in: Pastorin Luitgardis Parasie