09.05.2015 / Wort zum Tag

Matthäus 26,75

"Da dachte Petrus an das Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er ging hinaus und weinte bitterlich."

Matthäus 26,75

Ihr Browser unterstützt HTML5 Audio nicht!

Stein und Bein hatte er geschworen: „Und wenn ich mit dir sterben müsste, will ich dich nicht verleugnen.“ So antwortet Petrus, nachdem Jesus seinen Jüngern am Ende des Abendmahls ankündigt, dass sie im Verlaufe der Nacht alle „Ärgernis“ an ihm nehmen und sich zerstreuen würden. „Ich nicht“, hatte Petrus da gesagt. Bei den anderen mag das so kommen, aber „ich will doch niemals Ärgernis nehmen an dir.“ Und dann nehmen die Ereignisse der kommenden Nacht ihren Lauf. Jesus geht mit seinen Jüngern in den Garten Gethsemane am Fuße des Ölbergs und nimmt Petrus, Jakobus und Johannes mit sich auf Abstand von der Gruppe. Er will sie als Unterstützung bei sich haben. Sie sollen mit ihm gemeinsam im Gebet ringen und wachen – aber weit gefehlt. Alle drei – auch Petrus – verschlafen den Ernst der Stunde. Sie haben die Bitte ihres Herrn nicht wirklich gehört. Für sie war es wohl ein weiteres besonderes Erlebnis mit ihrem außergewöhnlichen Meister, wie es schon viele gab. Dass nun das große Finale vor der Tür stand, hatten sie wahrzunehmen verpasst, obwohl Jesus ihnen das immer wieder in aller Deutlichkeit vorhergesagt hatte. „Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach“, ermahnt Jesus sie, nachdem sie zum ersten Mal weggedämmert waren. Aber es half nichts. Jesus muss – allen großspurigen Worten eines Petrus zum Trotz – alleine seinen schweren Kampf bestehen. Und dann kommen die Häscher mit Judas und nehmen Jesus gefangen. Erst da scheint es den Jüngern und einem Petrus vor allem erst zu dämmern, dass es nun doch ernst wird. Impulsiv – wie er ist – schlägt Petrus mit dem Schwert drein, doch Jesus weist ihn an, in seinem Namen niemals das Schwert zu erheben – und behebt den Schaden wieder. Schließlich kommt es dann zu jener dubiosen nächtlichen Schein-Gerichtsverhandlung vor Kaiphas und der dreifachen Verleugnung des Petrus draußen im Hof. Natürlich kann man verstehen, warum Petrus völlig überrascht und überrumpelt durch die Ansprache der Magd – sozusagen reflexartig – sich aus der vermeintlichen Gefahrenzone bringt. Und hat man erst einmal gelogen, dann ist das zweite und dritte Mal immer einfacher und fast schon vorprogrammiert. In diesem Moment hat Petrus seinen Herrn und dessen Schicksal völlig aus dem Auge verloren. Nur sich selbst und seinem eigenen Wohl gilt alle Aufmerksamkeit. Er will den eigenen Kopf aus der Schlinge ziehen und sich mit allen Mitteln davor bewahren, genau das zu tun, was er im Brustton der Überzeugung noch wenige Stunden vorher angekündigt hatte: „Und wenn ich mit dir sterben müsste, will ich dich nicht verleugnen.“
Dann kräht der Hahn – und mit einem Mal fällt das ganze selbstgerechte Konstrukt seine Frömmigkeit zusammen. Am Ende – merkt er – ging es ihm nur noch um sich selbst. Und das ist in der Tat die Ursünde von uns Menschen. Wir sind seit dem Sündenfall – so hat Martin Luther es formuliert – in uns selbst hinein verkrümmt und suchen deshalb in letzter Konsequenz von Haus aus immer uns selbst und unseren Vorteil. Es sei denn, wir wissen auch von einer solchen Stunde des „Hahnenschreis“ wie Petrus, in der uns diese Erkenntnis übermannt und wir – zumindest im Bilde gesprochen – hinausgegangen sind und bitterlich geweint haben. Erst dann, wenn wir uns selbst im Lichte Gottes richtig sehen, d. h. in unserer Verlorenheit, dann können wir die Stimme Gottes im Evangelium erst wirklich hören und glauben. „Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“
 

Autor/-in: Bernhard Heyl