30.05.2011 / Wort zum Tag

Matthäus 19,14-15

Jesus sprach: Lasset die Kinder und wehret ihnen nicht, zu mir zu kommen; denn solchen gehört das Himmelreich. Und er legte die Hände auf sie.

Matthäus 19,14-15

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„Kinder stören“, den Gedanken kenne ich. In unserer Gemeinde wurde ein Gottesdienst gefeiert. Ich stand auf der Kanzel und hielt die Predigt. Ein kleines Kind krabbelte auf dem Fußboden herum. Es zog die Aufmerksamkeit der Gottesdienstteilnehmer in dem Maße auf sich, wie es sie von meiner Predigt abzog. „Kinder stören“, dachte ich und fragte mich im Stillen, wann endlich die Eltern des Kindes kommen und es an die Seite nehmen würden.

„Kinder stören“, diesen Gedanken hatten auch die Jünger Jesu. Vielleicht hörten die Erwachsenen gerade, was Jesus zum Thema Ehe zu sagen hatte. Vielleicht sahen die Jünger in der Ferne schon den reichen Mann kommen und wollten ihm Platz machen. Auf jeden Fall störten die Kinder. Jesus aber ruft sie zu sich. Er segnet sie und stellt die Kinder auf diese Weise in den Schutzraum Gottes.

Was sagt Jesus damit seinen Jüngern von damals wie von heute? Es ist eine doppelte Aussage. Die erste Aussage heißt: In der christlichen Gemeinde muss es Raum für Kinder geben! Der Raum für die Kinder bezieht sich nicht nur auf Gruppenräume, sondern noch mehr auf den Raum im Herzen der Erwachsenen. Gemeinden müssen für Kinder offen sein! Sie sind kein Anhängsel, sondern sie gehören zur Gemeinde Jesu dazu. Das Zweite, was deutlich wird: Der Herr nimmt die Kinder an. Einfach so; sie bringen keine Vorleistung mit. Sie haben sich den Zugang zu Jesus nicht verdient. Nach dem damaligen jüdischen Verständnis konnten Kinder das Gesetz Gottes nicht befolgen. Sie konnten sich noch keine Verdienste in der Thora und vor Gott erwerben.

Der Herr nimmt Menschen an, die ihm keine Leistung bieten können. Für manch einen erwachsenen Christen liegt hier ein Problem. Erwachsene Christen meinen manchmal, sie könnten oder müssten sogar dem Herrn etwas zu bieten haben. Nikolaus Ludwig von Zinzendorf berichtete, dass er in Düsseldorf vor einem Bild stand und dass Jesus in fragte: „Das tat ich für dich. Was tust du für mich?“ Da übernimmt sich der Mensch. Da macht er dicke Backen, bläst sich auf und platzt dann doch wie ein Luftballon in den zuviel Luft hinein gepumpt wurde. Da pustet sich der Mensch letztlich zum Götzen auf. Das schadet ihm. Manche Menschen meinen, sie sollten mit ihrer Leistung Gott beeindrucken. Doch keine noch so fromme Leistung öffnet den Zugang zu Gott. Martin Luther wusste das und schrieb deshalb in seinem Reformationslied „Ein feste Burg ist unser Gott“: „Mit unsrer Macht is nichts getan. Wir sind gar bald verloren. Es streit' für uns der rechte Mann, den Gott hat selbst erkoren.“ Wer so sprechen kann, muss nicht mehr in dem Muster von Leistung und Lohn leben. Da können Menschen aussteigen aus dem Geschäft auf Gegenseitigkeit mit Gott; als könnten sie mit dem Herrn ein Geschäft machen. Menschen können kommen und der Herr empfängt sie, gleich ob sie klein oder groß sind, mit offenen Armen – und niemand stört.

 

Autor/-in: Pastor Werner Hanschmann