23.02.2011 / Wort zum Tag

Matthäus 15,25

Die Frau kam und fiel vor Jesus nieder und sprach: Herr, hilf mir!

Matthäus 15,25

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Sie hätte es besser wissen müssen! Bestimmt hatten ihre Freundinnen sie gewarnt: „Von Jesus hast du nichts zu erwarten!“ Aber die Sorge um ihre besessene Tochter und die Gewissheit, dass Jesus sie heilen könnte, waren größer als die Angst, von Jesus schmählich weggeschickt zu werden.

Die Frau, von der hier die Rede ist, war Kanaaniterin. Gott verabscheute das Volk, aus dem sie stammte. Gott hatte seinem Volk Israel befohlen, sich von ihnen fern zu halten, sie aus dem Land zu vertreiben und ihnen nicht einmal Gutes zu wünschen. Klar, dass Jesus sich nicht um diese Frau kümmern würde! Bei der Herkunft! Das werden Jesu Jünger gedacht haben, als sie die Frau sahen und ihren Hilferuf hörten. Sie versuchten, sie von Jesus fernzuhalten, damit der sich um seine eigenen Leute kümmern konnte, die Juden, als deren Heiland er gekommen war. Schließlich forderten sie Jesus auf, sie zu vertreiben. Zuerst tut Jesus, was die Jünger erwarten. Er spricht ihnen aus ihren Herzen. „Ich kann meine Zeit und Kraft nicht für Menschen verschwenden, die nicht zu Gottes Volk gehören!“ Aber die Frau lässt nicht locker. Sie betet ihn an als den Herrn. Sie bekennt, dass sie keinen Anspruch hat auf seine Hilfe, und trotzdem darauf hofft, dass Jesus ihre Tochter heilt. Da spricht Jesus die erlösenden Worte: „Dir geschehe, wie du willst“ und ihre Tochter wird gesund.

Im Matthäusevangelium folgt dieser Bericht einer Auseinandersetzung zwischen Jesus und der frommen Elite der Juden, den Schriftgelehrten und Pharisäern. Die erhofften keine Heilung von ihm. Sie machten Jesus Vorwürfe, weil er sich nicht so gesetzlich fromm verhielt, wie sie. Ihr ganzes Gehabe spiegelte die Selbstsicherheit von Menschen, die meinen, einen festen Anspruch auf Gottes Wohlwollen zu haben, weil sie die richtige Herkunft haben und das Richtige tun. Jesus spricht sein Urteil über sie zu seinen Jüngern: „Lasst sie allein in ihrer Blindheit!“ Sie gehören nicht in sein Reich.

Der Bericht von der Kanaaniterin erschüttert, weil er zeigt, wie ähnlich Jesu Jünger den Pharisäern und
Schriftgelehrten sind: Sie meinen, dass Jesus ihnen gehört, den Juden, die ihn als ihren Herrn angenommen haben und verehren. Von da ist es nur noch ein kleiner Schritt bis zu der frommen Selbstsicherheit der Pharisäer und Schriftgelehrten, die den Glauben an Gott vergiftet. Indem Jesus erst ausspricht, was die Jünger dachten, und dann die Frau von ihrer Not erlöst, weist er seine Jünger zurecht. Er allein entscheidet, wem er seine Gnade schenkt. Er kann alte Grenzen überwinden.

Als Christen leben auch wir heute in der Versuchung zu glauben, dass Jesus uns gehört. Und manchmal meinen wir, wir müssten Menschen von Jesu Gemeinde fern halten, weil sie offensichtlich nicht zu uns passen. Hüten wir uns davor, damit Jesu Urteil uns nicht so trifft wie die Pharisäer und Schriftgelehrten. Seine Gnade ist nicht abhängig von Herkunft und Vergangenheit und nicht von dem, was Menschen tun. Er schenkt sie denen, die von Herzen an ihn glauben.

Die Kanaaniterin zeigt uns, was das heißt. Glaube ist die Einsicht, mit völlig leeren Händen vor Jesus zu stehen. Glaube bedeutet, ihn trotzdem als Herrn der Welt anzubeten. Glaube erkennt, dass Jesus der einzige Retter ist, und fleht ihn an um Gnade und Hilfe. Wie geht es Ihnen heute? Trauen Sie sich nicht, Jesus um Hilfe zu bitten, weil Sie meinen, dass Sie nicht zu ihm passen? Dann lassen Sie sich durch diesen Bericht ermutigen. Wenn Sie so von Herzen an Jesus glauben wie diese Frau, dürfen Sie gute Hoffnung haben, dass Jesus Ihnen genauso gnädig sein wird, egal, wer Sie sind, wo Sie herkommen und welche Geschichte Sie mitbringen.
 

Autor/-in: Professor Dr. Jürgen von Hagen