30.01.2012 / Wort zum Tag

Markus 5,27-28.34

Als die Frau von Jesus hörte, kam sie in der Menge von hinten heran und berührte sein Gewand. Denn sie sagte sich: Wenn ich nur seine Kleider berühren könnte, so würde ich gesund. Er aber sprach zu ihr: Meine Tochter, dein Glaube hat dich gesund gemacht.

Markus 5,27-28.34

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Zahlreiche Botschaften des biblischen Wortes werden uns über das Nadelöhr von Einzelschicksalen vor Augen gestellt. Der Lehrtext dieses Tages lenkt unseren Blick auf eine Frau, die in die Tiefe menschlichen Leides geführt wurde. Zwölf Jahre Krankheit liegen hinter ihr. Extra vermerkt wird, dass sie von vielen Ärzten viel erlitten hat. Da es zu dieser Zeit noch keine Krankenkassen gab, hat sie sich voll verausgabt. Ihr Vermögen ist aufgebraucht. Doch statt wenigstens Besserung zu erfahren, hat sich ihr Zustand verschlechtert. Ärztliche Kunst hat versagt. Wie viel bittere Stunden mögen zu dieser Krankheitsgeschichte gehört haben? Wie viel zerschlagene Hoffnungen und wie viel Wege, über denen nur ein deprimierendes „Umsonst“ gestanden hat.

Woher nimmt diese Frau  eigentlich den Mut und den Glauben, ausgerechnet bei Jesus Hilfe zu erwarten? Vielleicht handelt sie nur nach dem Prinzip „Die Hoffnung stirbt zuletzt“. Möglich ist auch, dass sie von anderen Heilungen Jesu gehört hat. Oder steckt tief in ihr die Ahnung, dass mit Jesus ein Arzt vor ihr steht, der allen anderen Ärzten überlegen ist? Merkwürdig, fast abergläubisch erscheint, dass sie sich von der Berührung der Kleider Jesu Heilung verspricht. Andererseits wird des Öfteren von Jesus berichtet, dass auf diese Weise Kranke gesund wurden. Jesus ist offensichtlich nicht auf unser Bitten angewiesen. Auch sonderbare Wege kann er akzeptieren. Die sofortige Heilung jener Frau untermauert sein Einverständnis. Als geheimnisvoll-unpersönlicher Glücksbringer will Jesus jedenfalls nicht gelten. Darum sucht er das Gespräch mit jener Frau: „Meine Tochter, dein Glaube hat dich gesund gemacht.“ „Gesund gemacht“ kann auch übersetzt werden mit „hat dich gerettet“. Offen bleibt, ob Jesus im Herzen dieser Frau erst den Glauben an ihn als Heiler entdeckt und dann den Glauben an ihn als Retter. – Keinesfalls dürften wir davon ausgehen, dass unser Glaube eine notwendige oder gar die einzige Bedingung für eine mögliche Heilung sei. Zu unterschiedlich sind die Wege Gottes. - Etliche können ihre Heilung glaubend vorwegnehmen und erhalten sie dennoch als freie Gabe Gottes zu späterer Zeit. Andere vertrauen darauf, was in Jakobus 5 steht, lassen Älteste zu sich kommen, bekennen ihre Sünden, lassen über sich beten und sich mit Öl im Namen Gottes salben. Wieder anderen ist es wichtig, Sirach 38 zu beachten, ein apokryphes Buch. Dort heißt es: 4 Der Herr lässt die Arznei aus der Erde wachsen, und ein Vernünftiger verachtet sie nicht. 6 Und Gott hat solche Kunst den Menschen gegeben, um sich herrlich zu erweisen durch seine wunderbaren Mittel. - Schließlich erfahren manche unter uns keine Heilung, aber sie erhalten die Kraft, mit ihrer Krankheit zu leben und darüber nicht zu verbittern.

Werden uns Heilung oder Besserung verwehrt, will Gott andere Wege mit uns gehen. Sie zu akzeptieren, wird selten sofort gelingen. Mitunter gilt es, ein Ja zu Gottes Wegen erst nach und nach zu erringen. Die Fürbitte anderer kann uns dabei einen wichtigen Dienst leisten. Stellt sich Besserung ein oder geschieht Heilung, sind beide ganz und gar Gottes freies  Geschenk. Krankheit kann uns die Nähe Gottes besonders intensiv suchen lassen. Unser Gebet mag in solcher Situation davon bestimmt sein, dass wir alles von Gott erbitten und doch nichts von ihm fordern.
 

Autor/-in: Matthias Dreßler