22.04.2012 / Wort zum Tag

Markus 4,32

Und wenn es gesät ist, so geht es auf und wird größer als alle Kräuter und treibt große Zweige, sodass die Vögel unter dem Himmel unter seinem Schatten wohnen können.

Markus 4,32

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Jesus hatte nur ein Thema: Das Reich Gottes. Gleich nach seiner Taufe sagt er:
Die Zeit ist erfüllt. Das Reich Gottes ist  herbeigekommen...(Markus 1,15a). Und das bleibt auch in den folgenden Jahren sein Thema. Er spricht davon aber meist in Bildern, in Gleichnissen. Er hat das Reich Gottes z.B. mit einem Senfkorn verglichen.

Jesus sprach im Gleichnis: Wenn das Senfkorn gesät ist, so geht es auf und wird größer als alle Kräuter und treibt große Zweige, sodass die Vögel unter dem Himmel unter seinem Schatten wohnen können. (Markus 4,32)
Ich würde gerne sehr konkret wissen, was es mit dem Reich Gottes auf sich hat, wie es ist, wann und wie es kommt und was ich tun kann, um es herbeizuführen. Jesus spricht aber in Bildern. Ich begreife, dass man den unfassbaren, ewigen Gott nicht mit menschlichen Worten einfangen kann. Menschliche Worte beschreiben immer nur das Sichtbare, das Zeitliche. Jesus lädt zum Nachdenken ein, wenn er vom Reich Gottes in Bildern spricht.
Ich sehe vor mir einen Mann, der mit zwei spitzen Fingern in eine Samentüte mit Senfkörnern greift und das Kunststück fertig bringt, ein einziges Samenkorn zu erwischen. Das ist gar nicht so einfach. Es ist nämlich das kleinste von allen Samenkörnern, so winzig, dass man eine Brille aufsetzen muss, um es wahrzunehmen. Hundert Körner wiegen ein Gramm. Aber was kann daraus werden? Dieses winzige Samenkorn fällt in die Erde, ein Sommer geht darüber hin. Dann geht es kraftvoll auf. Es wächst, wird groß und ausladend, größer als alle anderen Kräuter, drei bis vier Meter hoch. Und schließlich können Vögel in seinen Zweigen und unter seinem Schatten sein.

Gottesreich und Senfkorn: welch ein Vergleich. Der Same minimal klein, das Ergebnis maximal groß. Welch ein Kontrast! Der Same ist ein Neugeborenes in einer Futterkrippe- das Ergebnis ist, dass der Herr, unser Gott, der Allmächtige  das Reich eingenommen hat und einen neuen Himmel und eine neue Erde schafft (Offb 19,6; 21,1)
Der Same ist ein Gehenkter, der unter die Verbrecher gerechnet wird - das Ergebnis ist, dass er der Herr aller Herren ist vor dem sich alle Knie beugen müssen (Phil 2,9f)
Der Same sind 12 Männer, die dieses Gleichnis zunächst gar nicht richtig verstanden. Als sie den Karfreitag erlebten zerbrachen alle Hoffnungen,  selbst nach der Auferweckung Jesu waren sie noch mit ihren Sorgen und in ihrem Kleinglauben behaftet. Aber Jesus investierte in sie sein Vertrauen und seine Liebe – und das Ergebnis sind 12 mutige Bekenner, die ein paar Jahre später, ausgestattet mit Gottes Geist, mehreren tausend Leuten den Weg zur Einbürgerung ins Reich Gottes beschreiben (Apg.2,1ff).

Die Zukunft Gottes, seine Herrschaft, steht in scharfem Kontrast zu unseren Vorstellungen und Ordnungen. Wir haben bestimmte Vorstellungen, was groß und was klein, was bedeutend und was unbedeutend ist. Jesus sagt verantwortlichen Kirchenleuten: Zöllner und Huren kommen eher ins Reich Gottes als ihr (Mt 21,31). Den jetzt Hungernden, den jetzt Trauernden, den jetzt Armen und Verfolgten gehört Gottes Zukunft. Im Reich Gottes wird  nichts bleiben, wie es war. Die Letzten werden die Ersten sein, die Niedrigen werden erhöht sein. Das Reich Gottes wird ein Fest sein, ein Fest im ewigen Zuhause. Wer vor der Tür des Reichen darbte, wird einen Ehrenplatz bekommen.

Noch ist beides wahr: Das Reich Gottes ist gegenwärtig. Es gibt Menschen, die in ihm leben. Und das Reich Gottes ist zukünftig. Es ist das Geheimnisvolle, das selbst mit Bildern und Gleichnissen nur unvollkommen zu beschreiben ist. Jesus versucht das Unerklärliche nicht zu erklären. Er will aber, dass wir nicht kleinlich immer nur das Kleine sehen. Er will, dass wir nicht nur ein karges Feld vor Augen haben, sondern den Blick für die Ernte haben. Die Verheißung künftiger Fülle wird zwar verdunkelt durch Schatten der Angst, durch Kleinglauben, Verzagtheit und Resignation. Dabei sollen aber unsere Glaubenserfahrungen nicht hängen bleiben. Das Gleichnis vom Senfkorn ist nicht Vertröstung auf den Himmel, wo alles schön und mächtig ist, sondern Trost aus dem Himmel, unser Denken und Handeln auf Gottes kommende Herrschaft auszurichten.
 

Autor/-in: Pastor i. R. Eckhard Schaefer