07.05.2012 / Wort zum Tag

Markus 11,10

Die Menschen in Jerusalem riefen: Gelobt sei das Reich unseres Vaters David, das da kommt! Hosianne in der Höhe

Markus 11,10

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Wie Sie vielleicht an meiner  Aussprache hören, bin ich Schwabe. Ich lebe nach der schwäbischen Devise: „Nix g´schwätzt isch g´nug g´lobt.“ Nichts gesprochen ist genug gelobt.  Alles, was nach Lobhudelei klingt, ist verdächtig. Schon ein schlichtes Lob an meine Frau für ein gutes Essen ist für mich eine echte Herausforderung.
Natürlich kenne ich den Spruch „Loben zieht nach oben“ und die Pädagogenfrage: „Haben Sie heute Ihr Kind schon gelobt?“, aber  - nix g´schwätzt isch g´nug g´lobt.
Noch mehr zucke ich innerlich zusammen, wenn ganze Menschenmassen in Jubelgeschrei ausbrechen. Es gibt doch genug Schweres auf der Welt und Ungelöstes und Unerlöstes. Wie kann sich da einfach die Zunge  lösen und loben? –

Deshalb kann ich mich nur schwer hineindenken in die Menschenmassen in Jerusalem, die Zweige von den Bäumen brechen und  ihre Kleider vor Jesus als roten Teppich ausbreiten, als er auf dem Esel nach Jerusalem hereinreitet.
„Gelobt sei das Reich unseres Vaters David, das da kommt! Hosianna in der Höhe!“ schreien sie.  - Nun mag ja der Lobpreis sonntagmorgens im Gottesdienst noch angebracht sein, aber hier mitten auf der Straße?
Was bringt diese Menschen zum Lob? Vielleicht beantwortet sich auch so die große Frage: Wie wird denn aus meinem Alltag ein Loblied, ein Loblied auf Gottes Herrlichkeit?
Als die Leute Jesus sehen, sehen sie, wie sich uralte Verheißungen erfüllen. Da blicken sie hinter die Kulissen. Sie sehen nicht nur Jesus, sondern Gottes Zusage an David. Ein ewiges Reich voller Gerechtigkeit. Überall, wo Jesus hintritt, erfahren Menschen Gerechtigkeit. Hier und heute beginnt das versprochene Reich.

Die Leute jubeln nicht nur mit einem Gefühlsausbruch, sondern sie loben mit Worten eines uralten Psalms. Das Loben zieht ihre Gedanken nach oben: Wenn Gott heute wahr macht, was er verspricht, dann wird er auch in Zukunft alles wahr machen, was er verspricht. Dann kommt seine Herrschaft.
Die Leute in Jerusalem sehen: Gott erfüllt nicht alle unsere Wünsche, aber alle seine Verheißungen.

Loben ist keine Kraftanstrengung der Gefühle, sondern ein Blickwechsel.
Blickwechsel heißt: Ich will heute nicht nur mich sehen. Nicht nur Probleme. Nicht nur kleine Freuden, die nur ablenken. Ich will hinter die Kulissen dieser Welt sehen: Jesus ist da. Er ist treu. Er hält Wort. Er ist der Herr über alle Menschen, die mir heute begegnen. Er ist für sie gestorben. Er hat sie bestimmt für seine Ewigkeit. Und die Kraft, die Jesus aus dem Grab geholt hat, die hat er mir für heute auch versprochen. Hosianna! Halleluja! Gelobt sei er!
Übrigens, eine Woche später schauen die Leute in Jerusalem wieder auf ihre Wünsche und Enttäuschungen. Nicht mehr auf Gottes Verheißungen. Da ist es aus mit dem Lob. Da bleiben nur noch Spott und Geschimpfe. Weg mit ihm. Er macht ja gar nicht, was ich will.

Ob Ihnen heute der Blickwechsel auf den treuen Jesus geling? Wer nach oben sieht, kann loben.
 

Autor/-in: Pfarrer Matthias Adt