10.05.2009 / Wort zum Tag

Lukas 24,29

Die Jünger nötigten Jesus und sprachen: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt.

Lukas 24,29

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Wieder einmal sind Jünger von Jesus unterwegs. Diesmal geht’s von Jerusalem weg. Erst vor kurzem sind sie dort voller Hoffnung zusammen mit ihrem Meister eingezogen. Die Menschen haben Jesus zugejubelt. Und die Jünger waren stolz, zu ihm zu gehören. Gemeinsam mit ihm wollten sie dem Reich Gottes zum Durchbruch verhelfen.

Und jetzt? Traurig und niedergeschlagen wandern zwei Jünger nach Emmaus. Sie sind aufgewühlt, enttäuscht und verwirrt. Jesus, ihr Meister, wurde ans Kreuz geschlagen. Mit seinem Leichnam wurden auch ihre großen Hoffnungen zu Grabe getragen. Und dann haben einige Frauen berichtet, dass das Grab leer sei. Das verwirrt. Doch das Leben geht weiter, es muss weitergehen. Aber wie?

Unterwegs reden sie über das, was geschehen ist. Sie versuchen für ihre Gefühle Worte zu finden. Es ist schwer. Da ist der unbekannte Begleiter willkommen. Er hört zu und fragt nach. Er erklärt, deutet, tröstet, rüttelt sie auf. Vielleicht ist der Tod des Meisters doch nicht das Ende.

Gegen Abend kommen sie an ihr Reiseziel. Aber sie wollen nicht allein bleiben. Allein und orientierungslos im Dunkel ihrer Trauer, Ohnmacht und Verwirrung. „Bleibe bei uns, denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneiget.“ So drängen sie ihren Begleiter. Lass uns nicht allein in unserer Finsternis!

Ähnlich bitten Kinder: Mama, bleibe bei mir. Ich habe Angst im Dunkeln! Lass mich mit meiner Angst und Ohnmacht nicht allein! Nein, die Nacht ist nicht einfach vorbei, wenn ein lieber Mensch bei uns ist. Aber die Dunkelheit verliert dadurch etwas von ihrer Unheimlichkeit. Wenn die Mutter da ist, und vielleicht sogar seine Hand hält, dann kann ein Kind mit der Angst leben, sie überwinden, neuen Mut fassen.

„Bleibe bei uns ...“, eigentlich brauchen wir alle doch Menschen, die gerade im Dunkel unseres Lebens bei uns bleiben, mit ausharren. Menschen auch, die allein durch ihr Dasein in uns das Vertrauen stärken: nach dieser Nacht kommt ein neuer Morgen!

Doch zurück nach Emmaus. Die heutige Losung aus Lukas 24,29 beschreibt was dort geschieht: "Die Jünger nötigten Jesus und sprachen: Bleibe bei uns, denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneiget." Ja, Sie haben richtig gehört: die Jünger nötigten ... Dieses Wort fällt auf. Sie zwingen ihren - für sie immer noch unbekannten – Begleiter geradezu, bei ihnen zu bleiben! Dann, wenn Dunkel, Ohnmacht, Traurigkeit uns bedrohen, dann dürfen und sollen wir andere zum Bleiben drängen! Und bei Gott dürfen wir ohnehin drängen – Jesus Christus hat uns Menschen sein Mit-Uns-Sein ausdrücklich zugesprochen. Tatsächlich lässt er sich auch von diesen beiden Jüngern zum Bleiben überreden. Er isst mit ihnen - und da erkennen sie ihn. In der Tischgemeinschaft kann ihr Herz nachvollziehen, was der Unbekannte ihnen unterwegs erklärt hat. Sie erkennen: Es ist noch nicht aller Tage Abend! Im Gegenteil: „Der Herr ist wahrhaftig auferstanden!“
Autor/-in: Andreas Schenk