16.03.2013 / Wort zum Tag

Lukas 24,26

"Mußte nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?"

Lukas 24,26

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Ein väterlicher Freund gab mir den guten Rat, manche seelsorgerlichen Gespräche bei einem Spaziergang zu führen. Dann sei manches leichter zu bereden. Mit seinem Rat machte ich gute Erfahrungen. Unterwegs kann man manches leichter bereden als im Studierzimmer. Man geht nebeneinander her und sieht sich gelegentlich an. Pausen sind nicht bedrängend oder peinlich. Im Gehen ordnen sich die Gedanken und nehmen wir Gefühle unter die Füße. Solch gemeinsame Wege können zu Emmaus-Wegen werden.
So waren sie damals unterwegs, die beiden Jünger und jener Dritte, den sie nicht kannten – nicht erkannten. In Jerusalem hatten sie es nicht mehr ausgehalten. Wenige Tage zuvor war ihr Meister Jesus gekreuzigt worden. Ihre großen Hoffnungen hatten sie begraben müssen. Ihre persönlichen Lebenspläne lagen in Scherben. Die Jünger Jesu waren todtraurig. Aber damit nicht genug. Am Morgen desselben Tages hatten einige der Frauen aus dem Freundeskreis Jesu seinen Leichnam salben wollen. Doch das Grab war leer gewesen. Engel hatten gesagt, er sei auferstanden. Das alles beunruhigte sie sehr. Alles schien so unwirklich, einfach unglaublich. Nun waren sie unterwegs nach Emmaus und redeten miteinander über alles, was geschehen war und möglicherweise kommen würde.
Mich spricht die Erzählung immer wieder aufs Neue an. Mich beeindruckt die seelsorgerliche Einfühlung, mit der sich der Auferstandene ins Gespräch mit den enttäuschten Jüngern einbringt. Es ist gut, dass sie miteinander gehen und reden können. Es ist gut, dass er mitgeht. Es ist gut, dass die Jünger ihn nicht gleich erkennen. Sie können ihre Trauer und ihren Schmerz und viele bohrende Fragen aussprechen.
Die Erzählung nimmt uns mit auf den Weg von Karfreitag hin zu Ostern. Sie nimmt uns hinein in die Fragen, die die Jünger haben und die Jesus beantwortet. Warum musste Jesus sterben? Warum musste er auf so schreckliche Weise sterben – am Kreuz? War dies Gottes Wille? War da er am Werk? Und dann das mit dem leeren Grab und der Auferstehung! Kann wahr sein, was uns berichtet wird? Es ist noch keiner zurückgekommen! So wird doch immer gesagt. Diese und andere Fragen werden uns gestellt. Sie drängen sich auf.
Jesus wischt Fragen nicht als dumme Fragen vom Tisch. Er stellt eine behutsame Gegenfrage: Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen? Jesus sagt nicht: Ihr müsst einfach glauben. Basta. Er baut eine Brücke des Verstehens und erinnert an das, was die Propheten sagten: Steht nicht geschrieben, dass der Retter leiden muss? Sagt die Schrift nicht, dass er in die göttliche Herrlichkeit eingehen wird? Jesus hilft, Antworten zu suchen und zu finden. Alle Fragen und Zweifel der beiden Jünger sind schließlich überwunden, als Jesus sich beim abendlichen Brotbrechen zu erkennen gibt. „Ja, er ist’s!“ Sofort laufen sie nach Jerusalem zurück und berichten den anderen, dass Jesus Christus wahrhaftig auferstanden ist.
Das Wort für diesen Tag legt uns nahe, Antworten auf Glaubensfragen in der Heiligen Schrift zu suchen. Und es rät uns zugleich, uns mit anderen auf den Weg zu machen und miteinander Fragen des Glaubens und Lebens zu bedenken und zu bereden. Begleitet vom auferstandenen Herrn werden gemeinsame Wege zu Emmaus-Wegen werden. Zu Wegen in die Freude und zur Gewissheit des Glaubens.
 

Autor/-in: Dekan Harald Klingler