18.04.2014 / Wort zum Tag

Lukas 23,46

"Und Jesus rief laut: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände! Und als er das gesagt hatte, verschied er."

Lukas 23,46

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An Karfreitag denken Christen an die letzten Stunden und Worte ihres Herrn Jesus Christus. An ihm sehen und spüre ich  etwas von der großen Hilflosigkeit in dieser Stunde. Bewusst und freiwillig hat sich Jesus in die Hände seiner Feinde ausgeliefert. Gott hat es zugelassen, dass er nun in so großer Qual, erbärmlich zugerichtet und von seinen Feinden verspottet, hilflos am Kreuz hängt.

Der Prophet Jesaja (Kapitel 53,2-3) hat es Jahrhunderte zuvor schon so formuliert:
„Er hatte keine Gestalt und Hoheit. Wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet“.

Am Ende hilflos. So ist das menschliche Leben. So erlebe ich es, wenn ich Sterbende begleite. Ich muss hilflos zusehen wie liebe Menschen hilflos da liegen. Da fallen alle Ehrentitel ab. Diesem Prozess kann keiner entgehen, auch wenn er noch so viel Geld und Gut angesammelt hat. In dieser Situation und oft schon früher, brechen alle klugen Gedanken und hohen Erkenntnisse zusammen. Oft kennt der Patient seine nächsten Verwandten nicht mehr.

Auch Jesus findet in seiner Sterbestunde keine eigenen Worte mehr. Er kann nur noch aus dem schöpfen, was er aus früher Jugend kennt. So betet er mit Worten des Königs David. Es war das Abendgebet vieler frommer Juden.  Doch Jesus kann dem Gebet Davids das Wort Vater vorsetzen. Jesus hat eine Adresse: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände“.

Dieses Gebet hat dem in Todesnot und Verzweiflung geratenen Gottessohn die Tür zum Vater wieder aufgetan.

Die Hilflosigkeit. Sie begleitet uns in jungen und älteren Jahren. Manche erlebten es, wenn auch nur für Augenblicke der Kreislauf aussetzte. Jeden Abend, wenn ich mich zur Ruhe lege und meinen Gedankenapparat abschalte, liege ich hilflos da und weiß nicht, ob er auch wieder anspringt. Andere haben das im Koma Jahre durch erlebt, sie waren nicht mehr Herr ihrer selbst, obwohl das Herz noch schlug.

Jesus, der Gekreuzigte, lädt uns ein. Er ging für uns durch diese Hilflosigkeit und hat damit die Tür zum Vater aufgestoßen. Mit all unserer Hilflosigkeit, die wir manchmal verspüren und die oft unbewusst in uns Unsicherheit und Ängste auslöst, dürfen wir mit Jesus beten: Vater, ich befehle meinen Geist und damit mein ganzes Leben in deine Hände. Die Reformatoren haben im Katechismus Worte des Apostels Paulus aus Römer 14,7  zum Gebet gemacht: „Herr Jesus, dir leb ich, dir leid ich, dir sterb ich, dein bin ich tot und lebendig, mach mich o Jesu ewig selig“.

So dürfen wir uns in die tragenden Hände unseres Gottes legen, sie halten auch dann, wenn Menschenhände müde werden.

Autor/-in: Hermann Decker