06.03.2014 / Wort zum Tag

Lukas 18,42-43

"Und Jesus sprach zu ihm: Sei sehend! Dein Glaube hat dir geholfen. Und sogleich wurde er sehend und folgte ihm nach und pries Gott. Und alles Volk, das es sah, lobte Gott."

Lukas 18,42-43

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Jesus in Jericho. Unzählige Pilger auf den Beinen. Sie alle ziehen nach Jerusalem, um dort das Passahfest zu feiern. Mittendrin Jesus und seine Jünger. Und um ihn herum zahlreiche Neugierige. Sie wollen diesen Wanderprediger begutachten. Auch Bartimäus möchte ihn gerne sehen . Aber was heißt hier „sehen“?
Das kann er gar nicht. Denn Bartimäus ist blind, fristet ein Leben am Straßenrand als Bettler, abgeschnitten vom normalen Arbeitsleben, ausgegrenzt von der Gesellschaft. Einiges hat er bereits über diesen Jesus aufgeschnappt: Das er ein hervorragender Prediger sei,  und dass er Kranke geheilt habe…
Ja, diese Heilungskraft an eigenem Leib zu erfahren, wieder sehen zu können – das wär’s doch! Als Jesus ganz dicht an ihm vorbeizieht, da fängt Bartimäus an zu schreien: „Jesus, Sohn Davids, erbarme dich über mich!“. „Hey, halt die Klappe“, so zischt ein Händler von der Seite. Aber Bartimäus lässt sich nicht den Mund verbieten. Noch lauter schreit er: „Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner!“

Und Jesus bleibt stehen, ruft ihn herbei, spricht ihn an. Und dann der entscheidende Satz:
„Sei sehend, dein Glaube hat dir geholfen“ (Vers 42)
Ein wunderbarer „Augenblick“, im wahrsten Sinne des Wortes:
Endlich wieder sehen zu können, die Umwelt zu erblicken. Unfassbar!

Ein Wunder auch heute, wenn ein erblindeter Mensch sein Augenlicht
zurückbekommt, oft mit ärztlicher Hilfe. Aber dieses Wort: „Sei
sehend!“ hat auch mit mir etwas zu tun, wenn ich noch gesunde Augen
besitze, bestenfalls für’s Kleingedruckte eine Lesebrille brauche.
Da schreibt beispielsweise Paulus den Christen zu Ephesus: „ Ich
denke an euch im Gebet…. Gott erleuchte die Augen eurer Herzen,
damit ihr seht, zu welcher Hoffnung ihr berufen seid….(Eph. 1, 16+18 )
Das ist kein Brief an die Initiative für „Sehbehinderte und Blinde“, sondern es sind Worte an Christen: „ Gott erleuchte die Augen eurer Herzen“…. Es gibt auch eine Blindheit unter Christen.
Dort, wo ich den Nächsten in seiner Not nicht sehe, weil ich mich nur
um mich selber drehe, nur meine tolle Karriere, mein Ansehen im Blick habe.
Oder dort, wo ich blind geworden bin für Gottes Verheißungen.
Da lese ich auf einer Spruchkarte „Alle eure Sorgen werfet auf ihn“ aus
dem 1. Petrusbrief (5, 7). Aber nachts wälze ich mich vor Sorgen in
meinem Bett umher.

Oder auf meinem Schreibtisch steht als Holztäfelchen das Jesuswort
„Ich bin bei euch alle Tage“ (Matthäus 28, 20 b).
Aber in meinem Alltag rechne ich nicht konkret mit Gottes Nähe.
Dem Bartimäus öffnet Jesus nicht alleine die Augen. Er spricht ihm auch
zu: „Dein Glaube hat dir geholfen“ (42). Sein Glaube ist die geöffnete
Tür, durch die Jesus eintreten konnte – irgendwo am Straßenrand von
Jericho. Halten Sie diese Tür des Vertrauens auch in Ihrem Leben offen und bitten Sie Jesus um offene Augen. Wie zum Beispiel in einem alten Gebet:
„Gib uns Augen, die was taugen,
rühre meine Augen an.
Denn das ist die größte Plage,
wenn am Tage,
man das Licht nicht sehen kann.
Amen.“

Autor/-in: Pfarrer Rainer Heuschneider