26.07.2023 / Wort zum Tag

Liebe leben, trotz der Furcht

Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus.

1. Johannes 4,18

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„Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus“, so steht es im 1. Johannesbrief, Kapitel 4, Vers 18.

Furchtlose Menschen faszinieren mich und wecken auch Unbehagen. Furchtlose Menschen demonstrieren ihre Macht, dass sie nichts und niemand abschrecken kann. Wird da nur nach außen eine Macht gezeigt, um die eigene Schwäche zu überspielen? Ist es eine gesunde Haltung, sich nicht zu fürchten? Das äußere Erscheinungsbild solcher furchtlosen Menschen zeigt nicht, wie es in so einem Menschen aussieht.

Das Bibelwort aus dem 1. Johannesbrief stellt die Furcht in Beziehung zur Liebe. Da kommt für mich diese ganz andere Dimension hinzu. Die Liebe, die die Furcht besiegt, ist nicht gerade das Thema unseres Alltags. Oft erlebe ich es genau anders: Die Furcht erdrückt die Liebe.

Was also veranlasst den Schreiber des Johannesbriefes, es so zu schreiben, wie er es getan hat? Die Liebe treibt die Furcht aus!

Für manchen klingt es vielleicht auch als Provokation. Wir brauchen reale handfeste Abwehr, um uns zu schützen. Wir brauchen solide Versicherungen, um das Maß an Furcht zu begrenzen.

Die gegenwärtigen Entwicklungen in unserer Welt geben genug Anlass, sich zu fürchten. Keinem werden diese Entwicklungen gleichgültig sein. Ist es nicht auch die Furcht, hilflos den Problemen gegenüberzustehen? Obwohl es viele positive Anstrengungen gibt, Probleme zum Guten zu wenden, können die Ursachen der Furcht nicht ausgelöscht werden.

Beim Überlegen, was Furcht für jeden selbst bedeutet, wird es schon konkreter. Es ist das Gefühl einer Bedrohung. Unsere Psyche spürt eine drohende Gefahr und wir sind betroffen.

Mir fällt dazu diese Aussage ein: Es treten nur 5% von den Dingen ein, vor denen wir uns fürchten. Auch wenn die Zahl differiert, können auch die 5% uns ganz schön zu schaffen machen. Jeder wird für sich seine Erfahrungen haben, die ihm Furcht bewusst machen.

Eine immer höher technisierte, globale Kultur, lässt das Potential an Furcht, mitwachsen.

Umso dringlicher legt unser Bibelwort Wert auf diese Bedeutung, die Furcht in den Griff zu bekommen. Der Begriff Liebe, der hier verwendet wird, ist die selbstlose, hingebende Liebe. Die aufopfernde Liebe, wie sie uns Jesus vorgelebt hat. Ursprünglich hat diese Art der Liebe die Bedeutung des griechischen Wortes der Agape.

Jesus hatte auch allen Grund gehabt, sich zu fürchten vor den ganz unterschiedlichen Machthabern, denen er ausgeliefert war. Die Bibel ist so ehrlich, dass sie diese Furcht von Jesus benennt. Er war auch ganz Mensch mit allen Empfindungen. Die Furcht prallte nicht einfach an ihm ab. Sie hat ihm zu schaffen gemacht. Jesus hat der Furcht genau diese Agape, die aufopfernde Liebe entgegengesetzt. Dieser Prozess der Auseinandersetzung gibt auch uns eine Möglichkeit, mit unserer Furcht zurecht zu kommen.

Das Mittel, mit Liebe die Furcht zu bekämpfen, ist ein Geschenk Gottes an uns. Er selbst hat uns seine Liebe gegeben. Beispielhaft wird mir das deutlich, wenn ein Kind zu Vater oder Mutter geht, weil es nicht schlafen kann, es fürchtet sich vor dem Alleinsein. In den Armen der Eltern spürt das Kind Geborgenheit. Als Erwachsene tut uns auch der Zuspruch anderer Menschen gut. Es gibt Ermutigung durch Vertrauen. Gott selbst will auch uns nahe sein. Und manchmal sind es Menschen, die uns diese Liebe schenken. Durch die Liebe Gottes erfahre ich meinen Wert, meine Anerkennung und den Mut, zu sinnvollem Handeln.

Autor/-in: Pfarrer Uwe Winkler