28.04.2014 / Wort zum Tag

Kolosser 2,7

"Seid in ihm verwurzelt und gegründet und fest im Glauben, wie ihr gelehrt worden seid, und seid reichlich dankbar."

Kolosser 2,7

Ihr Browser unterstützt HTML5 Audio nicht!

Wir leben in einem Land, in dem die Meisten täglich satt werden und in schönen Häusern oder Wohnungen leben. Im Vergleich zu vielen Milliarden Menschen auf unserer Erde geniessen wir Wohlstand, Ordnung und Frieden.         

Wenn wir an die Nachkriegsjahre zurückdenken, können wir nur staunen, was wir in Mitteleuropa mit Fleiss, Einsatz und Fachwissen wieder erreicht haben. Selbst die vergangenen sechs Jahre der Finanz-, Wirtschafts- und Eurokrisen konnten den Lebensstandard in unserem Land nicht mindern.

Mit gewissem Stolz zählen wir die Gründe dafür auf: Unsere eigene Kraft und Arbeitsmoral, unsere ökonomische Verantwortung und durchdachte Infrastruktur, unsere Rechtsordnung, die Qualität unserer Ausbildung und unsere Fachkompetenzen!  

Ohne Frage: Diese Faktoren spielen bis heute  eine bedeutsame Rolle! Aber nur sie allein?

Der emeritierte Berliner Philosophieprofessor Ernst Tugendhat stellte 2006 in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ 287,Dezember 2006) in einem Aufsatz die Frage: „Wem kann ich danken?“ Ausführlich weist er in seinem Gedankengang nach, dass dem Menschen ein wesentlicher Lebensaspekt fehlt, wenn er nicht mehr danken kann. Wo das Danken aufhört, geht ein wichtiger überirdischer Bezug verloren. Hand in Hand damit ergibt sich dann eine eigentümliche Verflachung der Lebenskultur, denn der Mensch hat seit Urzeiten das tiefe Bedürfnis, danken zu wollen!    

Damit unterstreicht ein moderner Denker, was die Bibel von Mose über die Psalmen bis ins Neue Testament hinein immer wieder betont: „Seid reichlich dankbar!“ (Kol 2,7). So hat Mose vor mehr als 3‘000 Jahren seinem Volk Israel nachdrücklich ans Herz gelegt: „Wenn du nun gegessen hast und satt bist und schöne Häuser erbaust und darin wohnst, dann hüte dich, dass sich dein Herz überhebt und du den Herrn, deinen Gott, vergisst!“ (Dt 8,12.14).

Es wäre also eine bedenkliche Verarmung, wenn wir uns für unseren Erfolg, Wohlstand und Wohlsein nur auf die eigenen Schultern klopfen würden. Freilich: Wir haben gearbeitet, uns investiert und eingesetzt. Was wären wir jedoch für „arme Reiche“, wenn wir nur noch gedankenlos arbeiten, Geld verdienen, kaufen, konsumieren, essen und trinken, wohnen, fernsehen, reisen würden und – alles nur noch für uns geniessen würden!

Es wäre – so noch einmal der Philosoph Tugendhat – „eine eigentümliche Verflachung“, wenn wir vergessen würden, wer uns dazu die Rohstoffe, die Grundlagen und Ressourcen, die Begabung und Gesundheit zur Verfügung stellt, oder wer, wie es in einem Lied heisst, „Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn“!

Wer dagegen Gott dankt, denkt nach. Er öffnet sich und seine kleine Welt für den weiten Horizont der wunderbaren, aber auch gefährdeten Schöpfung:

Wer Gott dankt, denkt jetzt auch an eine letzte Verantwortung!
Wer Gott dankt, denkt jetzt auch an seine Umwelt und Mitmenschen!
Wer Gott dankt, wirft jetzt nicht mehr gedankenlos Lebensmittel weg!
Wer Gott dankt, verschwendet nicht mehr gedankenlos Rohstoffe und Energie!
Wer Gott dankt, übersieht nicht mehr gedankenlos den Hunger in der Welt!
Wer Gott dankt, wird nicht mehr gedankenlos mit seinem Körper umgehen!

Dankbarkeit gegen Gedankenlosigkeit – das bringt Sinn und Wert in unser Leben! Gott sei Dank!

Autor/-in: Pfarrer i. R. Peter W. Henning