05.08.2009 / Wort zum Tag

Kolosser 2,7

Seid in Christus Jesus verwurzelt und gegründet und fest im Glauben, wie ihr gelehrt worden seid, und seid reichlich dankbar.

Kolosser 2,7

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Paulus, der diesen Satz geschrieben hat, hat nicht immer als Nachfolger von Jesus gelebt. Im Gegenteil, er war ein Verfolger von Jesus. Bis zu dem Tag, an dem ihm Jesus mitten am helllichten Tag auf offener Straße begegnet ist. Paulus ist nicht einer Lehre begegnet, sondern einem Lehrer. Nicht einem Buch, sondern einer Person. Nicht einem interessanten Gedanken, einer faszinierenden Sache, einer neuen Idee, Erkenntnis, Lebensweisheit, sondern Jesus, dem lebendigen Sohn Gottes. So fängt der Glaube an. Aber Jesus hat selber einmal in einem Gleichnis gesagt, dass aus dem Anfang nichts wird, wenn der Glaube nicht tief gegründet und fest verwurzelt ist. Von diesem Verwurzeln redet hier Paulus.

Als ich vor 30 Jahren in ein Haus zog, bekam ich dazu einen kleinem Garten. Da habe ich erstmal angefangen, Bäumchen zu pflanzen. Das waren zarte Pflänzchen. Jeder Maulwurf konnte die kippen, jedes Kind konnte die mit einer Hand wieder rausziehen. Aber mit der Zeit haben die ihre Wurzeln tief in das Erdreich reingegraben. Jetzt stehen um das Haus haushohe, starke Bäume. Die kann auch der stärkste Mann nicht ausreißen und woanders hinverpflanzen. Die stehen, wo sie stehen. Da ist nicht dran zu rütteln. Und wenn oben mal der Sturm durch ihre Äste pfeift und sie zaust und biegt - die stehen fest, weil ihre Wurzeln tief sind. Und so, sagt Paulus, soll es bei euch mit eurem Glauben sein. Der muss tiefe Wurzeln haben, damit ihr bestehen könnt, wenn die Versuchungen und Angriffe kommen. Und die kommen auf jeden Fall. Und für jeden.

In meinem Garten scheint ja auch nicht das ganze Jahr die Sonne, weil ich ein Gotteskind bin. Da knallen die Gewitter genauso rein wie in das Grundstück meines ungläubigen Nachbarn. Die Stürme, das Leid, die unverständlichen Schicksalsschläge machen um uns Christen keinen Bogen. Sie treffen uns wie alle anderen. Aber sie hauen uns nicht um, wenn wir in Jesus verwurzelt sind. Das heißt, wenn wir ganz fest und sicher glauben und wissen: Jesus macht nichts falsch und er tut mir nichts Böses; niemand kann mich aus seiner Hand reißen. Das meint Paulus mit Verwurzeltsein in Jesus. Da geht es also um eine persönliche Beziehung. Doch im gleichen Satz spricht Paulus auch von Lehre. Was hat Lehre mit einer persönlichen Beziehung zu tun? Die Lehre ist wie das Wasser, mit dem wir unsere Pflanzen begießen. Ohne Wasser wachsen sie nicht. Und ohne Lehre wächst kein Christ. Deshalb hat ja Jesus schon im Missionsbefehl gesagt: “Lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe.“

Hier trifft uns das Wort Gottes an einer Schwachstelle. Biblische Lehre spielt heute meist keine große Rolle. Jeder glaubt, denkt und predigt, was er will. In vielen Kirchen herrscht ein Lehrchaos. Die groteskesten Irrlehren werden vertreten und geduldet. Es gibt nichts, was nicht geleugnet wird von A bis Z, von Auferstehung bis Zorn Gottes. Egal, ob es sich um die Taufe, die Ehe oder das Kreuz handelt, nichts ist mehr vor Verleugnung und Verdrehung sicher. Was wir Christen heute in allererster Linie brauchen, das ist die Rückkehr zur Bibel und biblischen Lehre. Damit uns nicht jede neue Modewelle des Zeitgeistes überschwemmt und am Ende der Glaube verwässert. Damals, in der Gemeinde, an die Paulus seinen Brief schrieb, waren Männer aufgetaucht, denen der einfache Jesusglaube zu primitiv war. Die schwärmten von höheren Erkenntnissen. Die hatten noch was Besseres als Jesus in Angebot. Aber mehr als Jesus gibt es nicht. Jesus genügt. Und wie Glaube an den aussieht, das hat der Liederdichter Matthias Claudius auf den Punkt gebracht:
Gott, lass uns dein Heil schauen,
auf nichts Vergänglich’s trauen,
nicht Eitelkeit uns freu’n.
Lass uns einfältig werden
und vor die hier auf Erden
wie Kinder fromm und fröhlich sein.


Diesen Glauben wünsche ich Ihnen. Und noch etwas. Paulus beendet seinen Satz mit der Aufforderung: “… und seid reichlich dankbar.“ Ob das Verhältnis zwischen Glaube und Erkenntnis stimmt oder nicht, dafür gibt es ein sicheres Zeichen: die Dankbarkeit. Wer von der biblischen Lehre abhebt, wird überheblich. Wer nicht mehr als Beschenkter aus der Gnade lebt, wird stolz. Die Abwesenheit von Dank ist ein Zeichen für den Abfall vom Glauben. Für Paulus gehören Glauben und Danken zusammen. Für Sie auch?
 

Autor/-in: Pfarrer i. R. Dr. Theo Lehmann