06.08.2009 / Wort zum Tag

Kolosser 2,6

Wie ihr den Herrn Christus Jesus angenommen habt, so lebt auch in ihm.

Kolosser 2,6

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Schon oft habe ich gehört, dass jemand sagt: “Jesus, ich lade dich in mein Leben ein.“ Oder: “Ich habe Jesus in mein Leben eingeladen.“ Ich finde diese Formulierung arrogant, überheblich und vollkommen unpassend. Sie ist unbiblisch. Jedenfalls kennt die Bibel so eine Ausdrucksweise nicht. Denn wenn ich sage: “Ich lade dich in meine Wohnung zum Essen ein“, dann bin ich der Großzügige, Beschenkende, der Gastgeber. Dann bin ich derjenige, der den ersten Anstoß gibt. Ich lade ein, und der Eingeladene soll nun meine Einladung annehmen. Das ist aber bei dem Verhältnis von Jesus zu uns genau umgekehrt. Er tut den ersten Schritt. Er ist der Gastgeber. Er steht über mir. Er ist der Herr, der mir armem Würstchen die unfassbare Gnade gewährt, mich an seinen Tisch in sein Reich einzuladen. Deshalb sagt die Bibel nirgends, wir sollen Jesus einladen (das Wort kommt übrigens in der Bibel überhaupt nicht vor). Sondern sie sagt, wir sollen ihn annehmen, empfangen, wie es auch in dem alten Weihnachtslied heißt: “Wie soll ich dich empfangen und wie begegn’ ich dir?“

Zwischen einladen und empfangen besteht ein großer Unterschied. So heißt es z. B. im Johannesevangelium im Kapitel 1: “Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden.“ Mit diesem Aufnehmen, Annehmen, Empfangen beginnt der Christenstand. Nicht mit unserem Tun, unserer Leistung, unserer Einladung. Es ist genau umgekehrt. Da steht einer vor der Tür unseres Lebens und klopft an. Er kommt zu uns. Er will zu uns. Er will in unser Leben.

Mal angenommen, ein Mensch, der mir eine Freude machen will, schickt mir ein Paket. Da sage ich weder zu dem noch zum Paketboten: "Ich lade Sie ein, mir ein Paket zu schicken bzw. in mein Haus zu bringen." Sondern das einzige, was ich in einem solchen Fall tun kann, ist, dass ich das Geschenkpaket annehme. Jesus, das einzigartige Geschenk Gottes können wir armen, elenden Sünder nur annehmen. Mit Staunen und Dankbarkeit annehmen. Paulus sagt hier: “Wie ihr den Herrn Jesus Christus angenommen habt!“ Den Herrn! Mit diesem Wort werden die Verhältnisse, das Verhältnis zwischen Jesus und uns eindeutig geklärt. Heute wird ja jeder Konfirmand mit Herr angeredet, das ist nichts Besonderes mehr. Damals‚ zur Zeit von Jesus, gab es auf der Erde nur einen einzigen Menschen, der mit dem Wort “Herr“ angeredet wurde. Das war der Kaiser. Und wenn die Christen Jesus so ansprachen, dann sagten sie damit: Du bist der Chef. Du bist für uns die Nummer 1. Du bist der Höchste. Und selbst wenn bei uns heute das Wort “Herr“ diese Bedeutung nicht mehr hat und jeder x-Beliebige Lehmann, Schulze oder Meier so angeredet wird, dann wissen wir trotzdem noch: ein Herr ist kein Knecht. Das ist einer, der was Höheres ist, der über anderen steht. Und wenn wir Christen mit der Bibel vor den Titel und Namen Jesus Christus noch zusätzlich das Wort “Herr“ setzen, dann bekennen wir damit: Jesus ist für uns die höchste Autorität. Keiner ist über ihm. Alle sind unter ihm. “Alles ist ihm untertänig.“

Er ist nicht der Bettler, dem wir eine Mahlzeit spendieren. Er ist nicht der Kumpel, den wir zum Budenabend einladen. Er ist der Herr, der Weltrichter und Weltvollender, von dem unser zeitliches und ewiges Schicksal abhängt. Es wird höchste Zeit, dass wir von der lockeren, lässigen Art loskommen, mit der wir plump-vertraulich-kumpelhaft von oder mit Jesus reden. Weil er der Herr ist, verdient er unseren Respekt. Wenn Paulus sagt: “... so lebt auch in ihm“, dann erinnert er uns daran, dass das Herrsein von Jesus für uns Konsequenzen hat. In erster Linie den Gehorsam, dass wir tun, was er befohlen hat. So leben, wie er es verlangt. Eine andere Konsequenz ist die dankbare Gewissheit der Geborgenheit. “In ihm leben“ heißt: wir leben im Schutz des höchsten aller Herren. Das gilt auch für den heutigen Tag.

Autor/-in: Pfarrer i. R. Dr. Theo Lehmann