01.02.2011 / Wort zum Tag

Klagelieder 3,41

Lasst uns unser Herz samt den Händen aufheben zu Gott im Himmel!

Klagelieder 3,41

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In den Klageliedern des Propheten Jeremia lesen wir in Kapitel 3 Vers 21: „Lasst uns unser Herz samt den Händen aufheben zu Gott im Himmel.“

Das hört sich ganz selbstverständlich an. Doch nach dem, was der Prophet erlebt hat, ist das eine große Ermutigung, Ausdruck des Vertrauens zu Gott. Hören wir, was Jeremia zuvor sagt: „Gott hat mich geführt in die Finsternis und nicht ins Licht. Und wenn ich auch schreie und rufe, so stopft er sich die Ohren zu vor meinem Gebet. Er hat meinen Weg vermauert mit Quadern und meinen Pfad zum Irrweg gemacht. Meine Seele ist aus dem Frieden vertrieben  ...“ (Kap. 3, 2 u.a.)

In dieser Klage des Propheten spiegeln sich die Schrecken der Belagerung, der Einnahme und Zerstörung Jerusalems und die den Menschen zugefügten Drangsale und Leiden. Jeremia sagt: Das hat Gott zugelassen! Er hat es zugelassen, dass der Feind seines Volkes sein Heiligtum verwüstete, den herrlichen Tempel zerstörte und die Besten des Volkes  verschleppte. Er hat auch das persönliche Elend des Propheten zugelassen: die Demütigungen, die Verachtung, die Verhöhnung seiner Botschaft, sein Leiden en der Missachtung des Wortes Gottes. Die Klage Jeremies zeigt: Gott thront nicht harmlos lieb über den Sternen als einer, den man um Hilfe anrufen kann, wenn man ihn braucht - damit dann des geschieht, was man will.

Gott kann schrecklich zupacken in seinem Zorn, so dass alles Dunkel erscheint. “Er hat meinen Weg vermauert…“, klagt Jeremia. Doch er bleibt nicht dabei! Es ist eine unerhörte Wende, wenn er ausruft: “Lasst uns unser Herz samt den Händen aufheben zu Gott im  Himmel!” — von dem er hofft: „Die Güte des Herrn ist´s, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und seine Treue ist  groß.” (22+23) Mitten in der Finsternis, in der er die Hand von der Augen nicht sieht, wird ihm die absolute Verlässlichkeit Gottes zum Licht und wird ihm die Treue Gottes zum festen Halt über dem Abgrund seines Lebens.

Bei dein Propheten Jeremia können wir lernen: Er bleibt beharrlich dabei, das Gott  vorzulegen, was ihn umtreibt, selbst wenn er den Eindruck hat, Gott habe sich die Ohren vor seinem Gebet verstopft (8). Er hört nicht auf, sein ganzes Elend Gott hinzulegen, geduldig  dabei zu sein und an der Hoffnung auf die Hilfe des Herrn festzuhalten.

Ja, es hat Sinn, warten zu können und nicht aufzugeben. Das gehört zum Glauben. „Glaube heißt” - so hat es Martin Luther einmal in einem merkwürdigen Satz formuliert — „wider Gott zu Gott zu fliehen”! Also wider jede bedrückende Erfahrung dabei bleiben: dennoch, dennoch — du bist mein Gott! Darum: „Lasst uns unser Herz samt den Händen aufheben zu Gott im Himmel.” Nicht  aufgeben! Beharrlich dran bleiben!

Autor/-in: Pfarrer i. R. Manfred Bittighofer