24.11.2010 / Wort zum Tag

Klagelieder 3,39

Was murren denn die Leute im Leben? Ein jeder murre wider seine Sünde!

Klagelieder 3,39

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Nach dieser Andacht könnten Sie mal in den Spiegel schauen. Ihr Gesicht betrachten und prüfen, ob Sie ein mürrischer Mensch sind. Unser Bibelvers fragt uns nämlich: „Warum murren denn die Menschen, solange sie leben?“ Luther hätte auch übersetzen können, wie die meisten Übersetzer: „Warum klagen denn die Leute?“

So richtig klagen will doch meist keiner wenn er Christ ist. Aber murren? Von der Wortwurzel her hängt „murren“ mit murmeln zusammen. So ein unterdrücktes Knurren und Murmeln. Bei den meisten Bibelstellen zu diesem Thema murren Menschen direkt oder indirekt gegen Gott. Im Neuen Testament sind es Pharisäer, die gegen Jesus oder seine Jünger aufbegehren.

Natürlich kann man tausend Gründe finden zur Klage. Jeremia sagt in seinen Klageliedern:„Gott hat mir Fleisch und Haut alt gemacht und mein Gebein zerschlagen.“
Nun gut, Jeremia hat viel Schreckliches erlebt. Aber ist es richtig, wenn er weiter so klagt: „Gott hat seine Hand gewendet gegen mich. Und wenn ich auch schreie, so stopft er sich die Ohren zu“? Nein, ich will folgendes lernen, auch aus dem selben Kapitel:
„Die Barmherzigkeit des Herrn hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu.“

Und weiter erkennt der Prophet: Die Leute sollten gegen ihre eigene Sünde murren! Das ist Originalton Bibel. Auf Hunderten von Seiten liest man, dass wir Sünder sind. Deswegen ist unser Spiegel zuhause kein so schlechtes Hilfsmittel. Nicht bloß für die Damen, um ihre Lippen nachzuziehen oder für die Herren, ob die Krawatte richtig sitzt. Sondern, um uns selbst in die Augen zu schauen. Unsre Augen sind der Spiegel unsres Herzens. Und was gibt’s da im Herzen an arglistigen Gedanken, an Unreinheit, an Sünde.

Mein amerikanischer Mit-Schwiegervater, der es in seinen letzten Lebensjahren gesundheitlich nicht gut hatte, war oft dabei zu ertappen, dass er vor sich hin summte: „Amazing grace, how sweet the sound, that saved a wretch like me“ – Übersetzt: „Erstaunliche Gnade, welch ein Klang, dass ein elender Sünder wie ich errettet wurde!“

Ursprünglich hatte dieses Lied ein Sklavenhändler angestimmt, der schwerste Schuld auf sich geladen hatte. Und dann befreit wurde, als Jesus ihm alle Sünden vergab. Und wenn Jesus sogar so einem Schuft wie dem John Newton vergeben hat, will er das auch uns tun.

Dieselben Ohren Newtons, die einst die Schmerzensschreie der Sklaven gehört hatten, durften jetzt den süßen Namen Jesus vernehmen: („How sweet the name of Jesus“). Und so durften auch Newtons Lippen diesen Ton anstimmen von der erstaunlichen Gnade.

Vor 200 Jahren begann dieses Lied den Siegeszug anzutreten aus Amerika um die Welt. In deutschen Büchern gibt’s das Lied auch unter: „O Gnade Gottes, wunderbar“. Wäre dies Lied nicht ein Rezept auch für uns? Dann statt des Murrens ein Glaubenslied zu summen? Das wär bestimmt ein Rezept, das auch ein gläubiger Arzt verschreiben könnte…

Autor/-in: Pfarrer Traugott Fränkle