24.11.2013 / Wort zum Tag

Johannes 20,27

Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!

Johannes 20,27

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Ich mag ihn einfach. Diesen nachdenklichen und fragenden Jünger Thomas. Der sehen und fühlen wollte und dann erst glauben. Und der seit dem als ungläubig von den Christen abgestempelt wird.

Mir tut das weh. So den Stab zu brechen über einen, der vielleicht ein wenig anders war als die anderen. Ein wenig nachdenklicher, ein wenig fragender, ein wenig trauriger. Der zum Beispiel nicht so schnell im Reden war wie etwa ein Petrus. Thomas, so denke ich, war mindestens genauso ungläubig wie die meisten der anderen Jünger auch. Hatte sich doch für alle auf dem Hügel Golgatha die Hoffnung auf ein freies Israel in Luft aufgelöst. Nur zögernd beginnen die Jünger am Ostermorgen die Tatsache der Auferstehung von Jesus zu glauben.

Am Abend des Auferstehungstages treffen sich dann alle. Die Frauen, die Jünger. Ganz fest machen sie die Türen zu. Aus Angst vor den Juden. Ganz sicher wollen sie sich gegenseitig trösten. Und noch einmal alles an sich vorüber ziehen lassen. Den furchtbaren Tod von Jesus, die eilige Bestattung im Grab von Josef von Arimathäa. Und natürlich alles das, was einige von ihnen am Grab erlebt hatten.

Doch plötzlich sind sie nicht mehr allein. Jesus erscheint in ihrer Mitte. Jeder kann ihn sehen. „Friede sei mit euch“ ist sein Gruß und er zeigt ihnen seine Hände und seine Seite. Jetzt können sie glauben: Jesus ist wirklich auferstanden.
Doch Thomas ist nicht dabei. Niemand weiß wo er ist. Man hätte ihn doch sonst schnell holen können. Ich denke, Thomas hat sich versteckt um in seiner Trauer ganz allein zu sein. Etwas, was ich persönlich sehr gut verstehe. Später berichten ihm die Jünger begeistert: Wir haben den Herrn gesehen. Das macht ihre Freude aus und sie möchten, dass auch Thomas daran teilhaben kann. Doch Thomas bleibt skeptisch. Und er stellt Bedingungen um zu glauben.

Am nächsten Sonntag treffen sich die Jünger dann wieder. Doch diesmal ist Thomas mit dabei. Hofft er vielleicht, dass Jesus auch an diesem Sonntag die Gruppe der Jünger durch sein Erscheinen ehrt? Und tatsächlich. Jesus kommt auch an diesem Abend dazu. Trotz geschlossener Türen. Natürlich weiß Jesus, was Thomas so vollmundig zu den anderen gesagt hat. Und fordert ihn jetzt auf, gerade das auch zu tun. Jesus sagt: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!

Jesus möchte nicht, dass Thomas hinter den anderen Jüngern zurücksteht. Das, was Petrus und die anderen am Abend des Auferstehungstages erlebt haben, soll auch Thomas erleben. Auch er soll die Wundmale sehen als Beweis dafür, dass der vor ihm stehende Jesus wirklich der Auferstandene ist. Jesus wünscht, dass Thomas gläubig wird. Mich beeindruckt das. Dass Thomas glauben kann ist für Jesus sehr wichtig. Extra deswegen erscheint er den Jüngern zum zweiten Mal. Und kümmert sich ganz besonders um Thomas.

Mit meinen Freunden habe ich früher oft diskutiert, ob Thomas wirklich Jesus berührt hat oder nicht. Aber heute denke ich, das war überhaupt nicht mehr notwendig. Das Erscheinen von Jesus und das Sehen der Wundmale wird für den Glauben von Thomas ausgereicht haben. Viel wichtiger ist für mich deshalb die anbetende Antwort von ihm: Mein Herr und mein Gott! Nur von Thomas ist dieser Ausruf des Glaubens überliefert.

Jesus ist auferstanden und lebt. Daran glauben zu können ist bis heute der entscheidende Punkt des christlichen Glaubens. Doch wie Jesus sich um Thomas bemühte, so geht er auch immer wieder den Menschen nach. Und immer wieder lässt Jesus den Menschen sagen: Seid nicht ungläubig, sondern gläubig.

Autor/-in: Herbert Laupichler