25.01.2014 / Wort zum Tag

Johannes 17,22-23

"Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins seien, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, damit sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst."

Johannes 17,22-23

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In Schottland gab es besonders im 18. Jahrhundert immer wieder religiöse Spaltungen, die zur Bildung von Sondergruppen führten. Einige der neu entstandenen Kirchen behaupteten von sich, die allein wahre Kirche Christi zu sein. In einer dieser neuen Kirchen kam es erneut zur Spaltung. Dabei trennten sich die Christen des einen Dorfes von den Christen aus einem anderen, kleineren Dorf. Und bald überwarf sich in diesem kleinen Dorf ein Ehepaar mit den übrigen Leuten der Gemeinde. Je kleiner die Gemeinschaft wurde, umso heftiger wurde die religiöse Leidenschaft und umso höher wuchsen die Ansprüche aneinander. Als schließlich das eine Ehepaar selbst in religiöse Zwistigkeiten geriet, exkommunizierte der Mann feierlich seine Frau und behauptete, er allein stelle nun die wahre Kirche Christi dar.

Streit und Spaltungen unter Christen sind auch heute eine erschreckende Realität. Diesen Skandal nennen viele Nichtchristen als Grund dafür, dass sie den christlichen Glauben ablehnen. Und genau davon spricht unser Bibelwort. Jesus bittet im hohenpriesterlichen Gebet seinen Vater mit den folgenden Worten um die Einheit seiner Nachfolger:

„Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins seien, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, damit sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst“ (Joh. 17,22-23).

Sehr deutlich heißt es hier, dass die vollkommene Einheit der Nachfolger Jesu (V. 20) die Voraussetzung dafür ist, dass Nichtchristen erkennen können, wer Jesus ist und wie sehr uns unser himmlischer Vater liebt. Diese Aussage Jesu nimmt uns in die Verantwortung. Das Evangelium kann nur dann glaubwürdig verkündet werden, wenn Gottes Boden-personal der Liebe Gottes Raum gibt und die vom Heiligen Geist bewirkte Einheit bewahrt bleibt (Eph. 4,3). Jedes Mal, wenn wir uns an einem lieblosen Streit unter Christen beteiligen, wenn wir Zwietracht säen und mithelfen, dass Misstrauen und Uneinigkeit entstehen, bauen wir eine Barriere gegen den christlichen Glauben auf.

Unsere Mitmenschen – vielleicht sogar in der eigenen Familie – fühlen sich bei jeder Uneinigkeit in ihrer Vermutung bestätigt, dass der christliche Glaube eine Religion der Scheinheiligen ist. Wollen wir das?

Sicherlich, es kann keine echte Einheit auf Kosten der biblischen Wahrheit geben, denn die Liebe freut sich an der Wahrheit (1. Kor 13,6; vgl. Joh. 17,17.19). Wahrheit und Liebe gehören bei Gott immer zusammen. Ich teile die folgende Einschätzung von Francis Schaeffer, der sagt:

„Ich habe in den Auseinandersetzungen unter wahren Christen in vielen Ländern eines beobachtet: Was wahre christliche Gruppen und einzelne Christen trennt und voneinander scheidet (und)… was dauernde Bitterkeit hinterlässt – ist nicht die Frage der Lehre oder des Glaubens, an der sich der Streit entzündete. Immer ist es der Mangel an Liebe – und die hässlichen Worte, mit denen wahre Christen einander während des Streites bedachten. Die bleiben im Gedächtnis hängen… Genau darüber aber… rümpft die nichtchristliche Welt die Nase.“  (Das Kennzeichen des Christen, S. 34)

Jesu Wunsch ist es, dass seine Nachfolger alle eins sind. Ja, dass sie so vollkommen eins sind wie er mit seinem Vater übereinstimmt. Sicherlich ein großer Auftrag! Nur: Wie können wir ihn erfüllen?

Als Christen sind wir dann eins, wenn wir auf demselben Boden unter dem Kreuz Christi stehen. An diesem Platz gibt es nur noch begnadigte Sünder, keiner ist besser als der andere. Hier können wir unseren frommen Stolz bekennen, unsere Rechthaberei, Streitsucht und Lieblosigkeit. Wenn wir uns dann unserer eigenen Niedrigkeit bewusst werden, werden wir einander freundlich und geduldig begegnen und einander in Liebe ertragen (Eph. 4,2). Diese von Gott bewirkte Liebe ist das Kennzeichen eines wahren Christen. Nur an ihr wird die Welt erkennen, dass wir Jünger Jesu sind (Joh. 13,35).

Autor/-in: Jürgen Neidhart