03.06.2010 / Wort zum Tag

Johannes 16,33

Christus spricht: In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

Johannes 16,33

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Ein Vers aus der Allerwelts-Weisheit? Frei nach dem Motto:“ Jede Münze hat zwei Seiten“ und „Wo Licht ist, ist auch Schatten“ könnte hier die Botschaft angesagt werden, dass wir auf dieser alten Erde eben kein Paradies vorfinden? Angst sei nun mal ein Bestandteil des menschlichen Lebens und hänge mit seiner Begrenztheit zusammen. Oder, wie Carl Friedrich von Weizsäcker es einmal formuliert hat: „Die Welt nötigt uns zur Angst. Angst ist nicht Schwäche des Urteils, sondern sie ist eine zutreffende Erkenntnis.“ Angst gehört zu unserer menschlichen Existenz. Eine Allerwelts-Weisheit, oder nicht? Irgendwie haben wir das alle auch schon von uns aus gewusst. Damit hätte Jesus auch damals seinen Jüngern im Hinblick auf seinen baldigen sichtbaren Abschied aus ihrer Mitte nichts Neues gesagt. Das mit der Angst, war ihnen damals genauso bekannt wie jedem von uns heute.

Aber worum geht es dann in unserem heutigen Bibelwort? Das griechische Wort im biblischen Grundtext, das in der Lutherbibel mit „Angst“ übersetzt ist, bedeutet eigentlich „Bedrängnis“, „Trübsal“ – etwas freier formuliert und im übertragenen Sinne gemeint: „Gegenwind“.

Während also das Wort „Angst“ ein Gefühl meint, einen Seelenzustand beschreibt, deutet das Wort im griechischen Urtext an dieser Stelle auf die Tatsache hin, dass es äußeren Druck und Schwierigkeiten geben wird. Es geht um die objektive Tatsache, dass Christen in dieser Welt mit Gegenwind zu rechnen haben. Hier wird also nicht von der Angst als allgemeiner menschlicher Grundbefindlichkeit gesprochen, sondern vom Widerstand, den Christen in einer Welt erfahren, die Gott-los ist.   

"Christus spricht: In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden."

Jesus will seine Jünger nicht der Illusion überlassen, mit seinem Kommen und dem Anbruch des Reiches Gottes werde die Welt nun widerstandslos christlich werden. Zumindest werde man „Gnade bei allem Volk“, wie das nach Pfingsten die kurzzeitige Erfahrung der ersten Gemeinde in Jerusalem war. Doch bald wurde auch schon in der Apostelzeit deutlich, dass es mit dieser Toleranz und Akzeptanz der Gesellschaft nicht allzu weit her war. Die ersten Christen mussten recht bald die bittere Erfahrung machen, dass es stimmt, was Jesus in seinem großen Gebet in Johannes 17 ganz deutlich über seine Nachfolger zu allen Zeiten sagt: „Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hat sie gehasst; denn sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin. Ich bitte dich nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen.“ (Joh. 17,14f)

Auch an anderen Stellen hat Jesus seinen Jüngern diese Botschaft nachdrücklich ans Herz gelegt. In Johannes 15 lesen wir zum Beispiel, wie er seinen Leuten einschärft:  „Wenn euch die Welt hasst, dann wisst, dass sie mich vor euch gehasst hat … Denkt an das Wort, das ich euch gesagt habe: Der Knecht ist nicht größer als sein Herr. Haben sie mich verfolgt, so werden sie euch auch verfolgen.“ (Joh. 15,18f) Genauso ist es dann auch gekommen und ist es bis heute. Die Geschichte der Kirche und ihrer Mission ist immer auch zugleich eine Geschichte des Leidens gewesen. Dieser Widerstand zeigt sich auch heute in manchen Regionen unserer Welt in der brutalen Verfolgung der Christen, in anderen ist die Front eher eine geistliche. Verfolgung und Verführung sind wohl tatsächlich die zwei Seiten ein und derselben Münze. Bedrängnis ist beides.

Es wäre hart, wenn Jesus seinen Jüngern nur diese Wahrheit mit auf dem Weg durch die Zeit gegeben hätte.  „… aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden (besiegt).“ Darauf  will Jesus hinaus. Das sollen seine Leute sich merken. Realismus ist gut, lebendige Hoffnung ist besser. Wir Christen brauchen uns nichts vorzumachen, brauchen uns nicht wegzuträumen in schwärmerische „Reich-Gottes-Phantasien“, sondern dürfen – nein - sollen uns der Wirklichkeit einer Gott-losen Welt mit allen Konsequenzen stellen. Wir tun das aber nicht als Ausgelieferte sondern als Erlöste. Wer zu dem gehört, der durch sein Sterben und Auferstehen die Macht dieser alten Welt gebrochen hat, der kann mit größerer innerer Gelassenheit der alltäglichen Erfahrung begegnen, dass wir Christen in der Welt auf die eine oder andere Weise immer wieder in Bedrängnis geraten, weil wir unverbrüchlich zu dem gehören, der uns an sein Ziel zu bringen versprochen hat.

Autor/-in: Bernhard Heyl