14.09.2010 / Wort zum Tag

Johannes 15,5

Christus spricht: „Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“

Johannes 15,5

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Unser erster kleiner Garten war im Hamburger Stadtgebiet nur einige Quadratmeter groß. Gleich nach dem zweiten Weltkrieg hatten wir aus dem benachbarten Trümmergrundstück Erde zu uns in den Hinterhof geschaufelt, einen kleinen Garten angelegt, damit wir in der schwierigen Zeit etwas ernten und den Hunger stillen konnten. Für mich als achtjährigem Stadtjungen war das eine spannende Angelegenheit. Ungeduldig wartete ich, was da bald aus der dünnen Erdschicht aufwachsen würde. Gespannt starrte ich Tag für Tag auf den Garten, ob sich da nicht endlich was tut. Als ich immer noch nichts sah, bohrte ich mit meinem Finger ein wenig in der Erde herum, um nachzusehen, was da doch endlich hervorkommen musste. „Das darfst Du nicht,“ meinte meine Mutter. „In aller Ruhe muss unser ausgesätes und angepflanztes Gemüse wachsen.“

Wer Frucht will, muss schließlich warten könnten. Kontinuität ist angesagt. An dieses Kindheitserlebnis musste ich bei unserem heutigen Bibelvers denken. Jesus sagt zu seinen Schülern: „Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht“ (Johannes 15,5). Mit diesen Worten sind Dauerhaftigkeit, treu sein und auch warten können, angesagt. Ungeduld schadet nur. Bohnen, Kartoffeln und Radieschen konnten wir in unserem Stadtgärtchen nicht von heute auf morgen ernten. Ähnliches gilt im übertragenden, inneren Bereich, den Jesus in unserem Bibelwort meint. Er ruft seine Schüler dazu auf, in der inneren Verbindung und Abhängigkeit zu ihm zu bleiben, damit sich ihr Leben positiv verändert, denn das will doch das Evangelium bewirken. Wer in seinem Garten nicht den Reifungsprozess abwartet, riskiert die gute Ernte. Wer dagegen im Glauben nicht treu bleibt und auf die Hilfe Gottes wartet, riskiert das ewige Leben.

Neulich fragte uns die Vermieterin einer Ferienwohnung, für die wir uns interessierten: „Wie lange wollen Sie denn bleiben, wir vermieten nicht unter drei Übernachtungen, sonst lohnt sich der Aufwand nicht.“ Das bedeutete für uns, keinen Kurztrip einzuplanen. Mindestens drei Nächte mussten es sein. Für die Nachfolge Jesu ist die Dauer eines ganzen Lebens angesagt. Kürzeres Bleiben oder nur mal eben hineinschnuppern in den Glauben, das geht nicht! Eine helle Begeisterung für das Christsein kann nicht wie ein Strohfeuer auflodern. Der Start ins Christ sein muss in die Stetigkeit hinein führen. Nur so tragen wir Frucht, die nach einer Aufzählung des Apostels Paulus in seinem Galaterbrief in Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung besteht. Alle diese Werte sind entscheidend wichtig für ein gutes Zusammenleben. Sie zeigen aber auch, dass die Frucht, von der unser Bibelwort spricht, nicht eine Sache des Kopfes, also nichts Theoretisches ist. Wichtig ist vielmehr, dass der Alltag vom Evangelium geprägt wird. Wenn unser Sein und unser Handeln nicht vom Glauben her neu gestaltet werden, ist das Fruchtbringen noch nicht bei uns vorhanden. Dranbleiben am Christ sein führt zu Früchten, die das Leben neu gestalten. Jesus Christus lädt mit dem Wort zum Tag ein: „Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht.“

Autor/-in: Pastor i. R. Wolfgang Dünnebeil