24.02.2013 / Wort zum Tag

Johannes 15,16

"Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und bestimmt, daß ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibt, damit, wenn ihr den Vater bittet in meinem Namen, er's euch gebe."

Johannes 15,16

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Die Turnstunden sind mir noch in lebhafter Erinnerung, in denen wir Basketball, Handball oder Fußball spielten. Spannend war immer die Aufstellung der Teams durch zwei vom Turnlehrer bestimmte Mitschüler, denn sie konnten bei der Auswahl ihre Sympathien und Antipathien ausspielen, oft in gemeiner und verletzender Art! Wer hier zu den Letzten gehörte, fühlte sich in seinem Selbstwert ziemlich angegriffen.

Übrig bleiben und eigentlich gar nicht gewollt sein – das schmerzt. Nicht dazu gehören und subtil ausgegrenzt werden – das verletzt.

Ich erinnere mich noch gut an dieses Auswahlverfahren, es führte immer zu einer unschönen Dynamik in der Klasse: Jeder buhlte um die Sympathie der beiden Sportstypen.

Aus heutiger Sicht war das ein Miniaturwahlkampf, der an die großen Wahlkämpfe in der Politik erinnert. Die Sympathie der Wähler zu gewinnen, verlangt einen intensiven, anstrengenden, teuren und totalen Einsatz.

Und dann gewählt zu werden – welch‘ eine Ehre und welch‘ ein persönlicher Erfolg!

Oder aber nicht gewählt zu werden – welch‘ eine Schlappe und welch ein persönlicher Misserfolg! Das schmerzt und hat schon manchem Kandidaten die weitere politische und berufliche Karriere gekostet.

Ob als Jugendlicher im Turnunterricht oder als Erwachsener in der Gesellschaft – wir wollen doch alle dazugehören, dabei sein und anerkannt werden.

Wie wohltuend anders klingt es da in der Werbepost: „Sie wurden exklusiv ausgewählt, um diesen Superpreis gewinnen zu können. Ihr Gewinnlos liegt garantiert bereit!“ Die Mitteilung, ich sei exklusiv ohne mein Dazutun für einen Preis ausgewählt worden, aktiviert ein spontanes Glücksgefühl. Das verflüchtigt sich jedoch schnell, wenn ich im Kleingedruckten die Bedingungen für die Preisübergabe entdecke: Also doch nicht gratis!

Trotzdem: Das Geschäft mit unserem Bedürfnis, einmal exklusiv ein glücklich Auserwählter zu sein, funktioniert offensichtlich bestens.

Denn es berührt unsere tiefsten religiösen Lebensfragen: „Wie komme ich dazu, dass mich Gott für die Ewigkeit erwählt? Wie komme ich zu Lebenssinn und Lebenswert? Wie komme ich dazu, von Gott trotz meiner Schwächen geliebt und gewollt zu sein?“

Die Religionen aller Zeiten antworten darauf mit einem Leistungskatalog, der zeigt, wie der Mensch seine Erwählung befördern kann! Da erinnert vieles an einen Wahlkampf: Ich muss mir die Sympathie und Gnade der Gottheit hart verdienen, um die Chancen zu erhöhen, für den ewigen Frieden oder für das Paradies auserwählt zu werden. Da gibt es nichts gratis!

Wie anders hat doch Jesus gepredigt: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern   i c h  habe euch erwählt und bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt!“

Da wird uns Gottes Erwählung gratis-franko-frei zugesagt und versprochen! Es braucht keine religiösen Aktivitäten mehr! Wir müssen uns nicht mehr krampfhaft abmühen wie Knechte, die sich mit Sonderleistungen bei ihrem Patron Boni und Sonderprämien verdienen wollen.

Dieser religiöse Marathon ist – Gott sei es gedankt – nicht mehr nötig! Wir sind vielmehr längst befreit und befähigt zur Gottesliebe und zur Nächstenliebe!

Denn Jesus bezeichnet uns als „Freunde“, für die Er schon alles vollbracht und geregelt hat: Wir sind begnadigt!

Als Begnadigte können wir jetzt in unserem Lebensalltag Segensspuren ziehen und fruchtbar werden. Denn als von Gott Erwählte sind wir für einen neuen Lebensstil befreit: Wir können mit Liebe, Freundlichkeit, Friede, Sanftmut, Gerechtigkeit, Geduld und Glauben Zeichen der heilsamen Gegenwart Gottes in unserer Welt setzen!

Autor/-in: Pfarrer i. R. Peter W. Henning