10.01.2012 / Wort zum Tag

Joel 2,13

Zerreißt eure Herzen und nicht eure Kleider und bekehret euch zu dem HERRN, eurem Gott!

Joel 2,13

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Am Rande der Wüste lebte ein Einsiedler. Eines Tages besuchte ihn eine Pilgerin und klagte ihr Leid: „Ich lese so viele fromme Texte. Ich studiere die Bibel und vertiefe mich in die großen Theologen. Ich möchte die Worte und Gedanken bewahren, aber es gelingt mir nicht. Alles vergesse ich! Die ganze mühevolle Arbeit des Lesens und Studierens ist umsonst.” - Der Einsiedler hörte ihr aufmerksam zu. Dann zeigte er auf einen Binsenkorb. „Hol mir aus dem Brunnen dort drüben Wasser.” - Eifrig nahm die Frau den von Staub verschmutzten Korb. Das Wasser lief durch die Binsen, so dass nichts übrig war, als sie zurückkam. - „Geh noch einmal!”, sagte der Eremit. Die Frau tat es. Ein drittes und ein viertes Mal musste sie gehen. Immer wieder füllte sie Wasser in den Korb, immer wieder rann es zu Boden. Nach dem fünften Mal rief sie: „Das hat keinen Sinn! Niemals kann so ein löchriger Korb das Wasser halten.” - „Sieh den Korb an”, sagte der Einsiedler. „Er ist sauber. So geht es dir mit den Worten, die du liest. Du kannst sie nicht festhalten, sie fließen durch dich hindurch, und du hältst die Mühe für vergeblich. Aber - sie klären deine Gedanken und machen dein Herz rein.” (aus: Oh!, Andere Zeiten e. V., S. 30) - Herzensbildung!

Herzensbildung braucht Zeit. „Zerreißt eure Herzen!” fordert der Prophet Joel auf. Und seine Begründung: „Denn er - euer Gott - ist gnädig, barmherzig, geduldig und von großer Güte.” Gott möchte Menschen durchfluten mit seiner Gnade. Seine Vergebungsbereitschaft hat kein Ende. Dieser Gott möchte unsere Herzen bilden - nicht nur mit ein bisschen Moral bekleckern. Gott spricht: „Ich gieße reines Wasser über euch aus, dann werdet ihr rein. Ich reinige euch von aller Unreinheit und von allen euren Götzen. Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch” (Hes. 36,25-26). Immer wieder um Vergebung bitten. Mir eingestehen, wie ich Gott enttäuscht habe. Wie ich Menschen vor den Kopf gestoßen habe. Und mich selber mit äußeren Frömmigkeitsritualen abgespeist habe. Das zerreißt mir mein Herz. Wenn  ich sehe, was ich dadurch verpasst habe und immer wieder verpasse - an wirklichem Leben. Wo ich mich in meiner frommen Komfortzone eingerichtet habe. „Es gibt zwei Tore um Paradies: Unschuld und Buße. Wer könnte sich als armer schwacher Mensch anmaßen, das erste weit offen zu finden?” (Johannes XXIII.). Gnade Gottes lässt sich nicht ansammeln im Kopf oder einem frommen Bereich unseres Herzens. Buße ist ein Prozess, während dem wir gereinigt werden - wie der Binsenkorb des Einsiedlers. Nicht gerade sanft hatte Gott das Volk Israel angestoßen und sie aufgefordert: „auch jetzt noch (V. 12) bekehre dich zu mir, zu deinem Gott.” Immer ist die Gelegenheit. Wie das bisherige Leben, der vergangene Tag auch aussieht: Verschließe dich nicht. Quäle dich nicht selber mit deiner Schuld herum. Bitte Gott um Vergebung - wo nötig mit Klagen und Weinen. Lass es dir zu Herzen gehen - das Werben Gottes.
 

Autor/-in: Karsten Hellwig