31.03.2010 / Wort zum Tag

Joahnnes 10,14.15

Christus spricht: Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich. Und ich lasse mein Leben für die Schafe.

Johannes 10,14.15

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Im vergangenen Herbst nahm ich mit meiner Gemeindeleitung an einer Tagung für leitende Mitarbeiter im Allgäu teil. In der Nähe eines Bauernhofes stand eine Gruppe von Schafen direkt an unserem Weg. „Das ist ein Foto wert“, sagte einer und hob seine Kamera. „Warte, unser Pastor soll sich als Hirte dazu stellen, das hat einen zusätzlichen symbolischen Wert!“ Vorsichtig versuchte ich mich den Schafen zu nähern. Doch bevor ich sie erreichen konnte, drehten sie sich um und liefen davon. Ihre Angst war größer als ihre Neugier. „Das ist ja der richtige Hirte, dem die Schafe davon laufen!“ scherzte einer und alle lachten.

Angst und Schreckhaftigkeit ist wohl die einzige Schutzfunktion, die ihnen von Natur aus mitgegeben ist. Sonst sind sie sehr wehrlose Tiere, die Raubtieren und Räubern schutzlos ausgeliefert sind. Sie können kein Gift sprühen, sie haben keine Stoßzähne oder spitze Hörner oder sonst irgendeine natürliche Waffe zur Verteidigung. Sie sind keine Wildtiere und auf den Schutz eines Hüters angewiesen. Sie brauchen den Hirten auch, um die richtigen Weideplätze und Wasserstellen zu finden. Wenn sie einmal auf den Rücken gefallen sind, können sie alleine, ohne die Hilfe eines Hirten, nicht mehr auf die Beine kommen. Ja, ohne den Hirten sind sie im Grunde nicht lebensfähig. Sie sind auf ihn angewiesen.

Und ein guter Hirte kennt seine Schafe genau. Er achtet auf sie und nimmt wahr, wenn sie nicht gut fressen oder wenn sonst irgendetwas mit ihnen nicht stimmt. Dann ist er sofort zur Stelle und versucht ihnen zu helfen. Umgekehrt kennen die Schafe auch ihren Hirten. Seine Stimme ist ihnen vertraut und sie folgen ihm blind. Fremde dagegen lassen sie nicht an sich heran. Es besteht schon ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Hirten und seinen Schafen.

Diese Tatsache nimmt Jesus als Bild für seine Beziehung zu seinen Nachfolgern. Ein sehr vertrautes Bild im ganzen Orient, das jeder verstand, und das auch im Alten Testament mehrfach gebraucht wird: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts fehlen“, so beginnt der Psalm 23. Oder: „Wir irrten alle umher, wie Schafe, die sich verlaufen hatten“, heißt es in Jesaja 53, Vers 6. Jesus stellte sich als der gute Hirte vor, der dieses vertraute Verhältnis mit seinen Leuten hat. Und dessen Fürsorge und Einsatz für seine „Schafe“ alle Hirtenpflicht übersteigt, indem er sogar sein Leben für sie lässt.

Jesus sprach über diese Beziehung von den Hirten zu den Schafen in einer Auseinandersetzung mit den Pharisäern, Priestern und Schriftgelehrten. Sie galten doch als die Führer und Hirten Israels. Sie sollten an seinen Worten selber prüfen, was für Hirten sie sind. Ob das Volk auf sie hört und ihnen folgt und ob sie die Bedürfnisse der Menschen beachten oder nur die eigenen sehen. Sie sollten selbst entscheiden, wie weit sie ihr Leben für die anvertrauten Menschen einsetzen. Dieses Vorbild, das Jesus mit seiner Beziehung zu den Menschen gibt, die ihm vertrauen und zu ihm gehören, ist auch für mich als Pastor eine Anfrage. Kenne ich die Menschen meiner Gemeinde? Haben sie dieses Vertrauen zu mir? Wie sehr liegt mir ihr Wohl am Herzen und was setze ich dafür ein? Sehe ich, was sie brauchen, und sorge ich dafür? Bin ich ein guter Hirte? Vertrete ich Christus, meinen Oberhirten, im Umgang mit seinen Schafen gut? An seinem Vorbild kann ich mich orientieren. Aber ich bin froh, dass ich auch ein Schaf sein darf in der Herde des guten Hirten. Jesus schenkt mir seine ganze Aufmerksamkeit. Und da empfinde ich seine Worte als einen tröstlichen Zuspruch. Er kennt mich mit all meinen Belangen und Wünschen. Er weiß um meine Lage. Er führt mich auf gutem Weg und will das Beste für mich. Ich stehe unter seinem Schutz. Wenn er bei mir ist, kann mir nichts und niemand etwas anhaben. Und was macht mich seiner Liebe so gewiss? Er ging für mich bis zum Äußersten und hat sein Leben für mich gelassen. Er starb, damit ich leben kann. Ich bin glücklich, zu seiner Herde zu gehören. Heute und immer stehe ich unter seiner Obhut. Gibt es mehr?
 

Autor/-in: Pastor Wolfgang Schulze