16.03.2014 / Wort zum Tag

Jesaja 65,1

„Ich ließ mich suchen von denen, die nicht nach mir fragten, ich ließ mich finden von denen, die mich nicht suchten“.

Jesaja 65,1

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Wie oft bin ich auf der Suche nach einer Auskunft oder nach günstigen Gegenständen. Dann bediene ich mich der Programme, die ich in meinem Computer zur Verfügung habe und klicke  erwartungsvoll auf die Schaltfläche „Suchen“.
Seit einiger Zeit heißt diese Schaltfläche nicht mehr „suchen“ sondern „finden“.  Hört sich besser an. „Finden Sie die Reise, die ihren Wünschen entspricht“ . Das ist verheißungsvoller. Und trotzdem merkwürdig. Ich denke, die  tun so, als würden sie schon immer wissen, was ich suche.
Oder wird das Wort modern abgewandelt: „Suchet, so werdet ihr finden!“  Das ist ja schon sprichwörtlich geworden. Und es ist ja wirklich wahr, wer finden will, muss, suchen. Selten finde ich etwas ohne zu suchen. 
Vielleicht ist das der Trick der Suchprogramme im Zeitalter der elektronischen Medien: überall im Warenangebot sind Schätze nun nicht mehr verborgen, sondern wie selbstverständlich zu finden.
Aber was ist ein Schatz, wenn er nicht mehr gesucht werden muss? Verliert er dann nicht von seiner Anziehungskraft? Als Kind fand ich vieles, was mir als Schatz galt. Da war meine Schatzkiste, in der sich sicher nichts Wertvolles ansammelte. Doch alles trug in sich das Geheimnis, dass ich es gefunden hatte und es zu mir passte. Ich erwählte es als meinen Schatz. Oder hatte mich der Schatz gefunden ?
„Suchet, so werdet ihr finden.“  Das scheint selbstverständlich. Gut für einen Slogan. Aber es gibt auch die andere Seite. Das Vergebliche. Wie vieles Suchen in Bitten gefasst ist abgeschlagen worden? Wie viele Antworten sind verschlossen geblieben? Wie viel Suchen hat in die Irre geführt? Muss ich nicht eher den Kopf schütteln, wo ich dieses Jesus-Wort als Slogan gebrauchen will?
Die Beispiele für erfolgloses Suchen, anerkannt zu sein, für erfolgloses Suchen nach Trost, nach Zuwendung, nach Heilung liegen zuoberst. Suchen nach etwas, was verloren ging. Was schmerzt.
„Suchet, so werdet ihr finden.“ Jesus wusste, dass dieser Zusammenhang wahrlich nicht selbstverständlich ist; dass er gefährdet ist. Das gehört zum Menschen. Er ist auf der Suche nach etwas,  was seinem Leben Nahrung gibt. Im Buch des Propheten Jesaja Kapitel 65, Vers 1 heißt es von Gott:
„Ich ließ mich suchen von denen, die nicht nach mir fragten, ich ließ mich finden von denen, die mich nicht suchten“.
Dieses Bibelwort  geht noch einen Schritt weiter. Es zeigt den Fall eines bewussten nicht-Suchens, oder soll ich sagen: ein bewusstes dort !  nicht ! finden wollen. Es zeigt einen Gott, der gesucht werden will. Und schon das Suchen ist problematisch geworden. Erst recht dann das Finden.
Mit dem Beispiel vom Anfang: Es scheint keine Finden-Taste nötig zu sein, weil niemand sie drücken will.
Suchen und finden. Jesus bezieht das Suchen und Finden auf das Verhältnis von Gott und Mensch. Und das Wort aus dem Jesaja-Buch hat dieses Verhältnis zutiefst problematisiert. Zumindest eine Seite hat scheinbar die Initiative eingestellt. Geht sie dennoch weiter von Gott aus? Von einem werbenden Gott? Suchen oder gefunden werden wird zu einer brennenden Frage.
Gott sei Dank, hinter allem, was vergeblich, ja unmöglich erscheint, findet Gottes Werben seinen Weg.
Gottes Weg hinterlässt Spuren im Innersten eines Menschen. Die Spur heißt Sehnsucht. Sehnsucht nach Gott. Und ohne es schon zu wissen, dass es Gottes Spur ist, fängt ein Mensch an zu suchen.
Gott und Mensch: das ist eine Geschichte des Suchens: Adam wo bist du? ganz am Anfang der Bibel und des Findens in einem Gleichnis Jesu: .. er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und sie fingen an fröhlich zu sein.
 

Autor/-in: Pastor Manfred Kasemann