06.02.2012 / Wort zum Tag

Jesaja 59,1-2

Siehe, des HERRN Arm ist nicht zu kurz, dass er nciht helfen könnte, und seine Ohren sind nicht hart geworden, sodass er nicht hören könnte, sondern eure Verschuldungen scheiden euch von eurem Gott.

Jesaja 59,1-2

Ihr Browser unterstützt HTML5 Audio nicht!

Ein Ehepaar hatte einen Pflegesohn angenommen. In der Pubertät und auch danach wurde der Umgang mit ihm immer schwieriger. Eines Tages suchte der Pflegesohn nach einer Auseinandersetzung das Weite. Wie erschlagen saßen die Eltern da. Sie hatten den Jungen ja um Gottes willen aufgenommen. Immer wieder hatten sie intensiv für ihn gebetet, gerade auch in den letzten schwierigen Jahren. Und jetzt das! Was sollten sie tun? wollten sie Wieder beten wie gewohnt? Das fiel ihnen irgendwie schwer. Die Luft war draußen nach diesem Schlag. Sie suchten in der Bibel nach einem Wort Gottes, auf das sie sich stützen konnten; eine Verheißung, auf die sie sich in ihrem Gebet berufen konnten. Und sie nahmen das Wort Jesu für sich in Anspruch: „Wenn zwei unter euch eins werden auf Erden, worum auch immer sie bitten wollen, dann soll es ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel“ (Mt.18,19).

Doch plötzlich gab ihnen dieses Wort zu denken: Sind wir denn eins in unserem Gebet für unsern verlorenen Sohn? Ihnen wurde klar, dass sie sich in der Behandlung des Jungen gar nicht einig waren. Seine Frau sei oft zu weich und nachgiebig mit ihm dem Jungen gewesen, dachte der Mann. Für die Frau dagegen war ihr Mann in vielen Situationen zu hart und streng gewesen. Jeder sah beim anderen Ursachen für die verfahrene Lage. Unausgesprochene Vorwürfe standen zwischen ihnen. Nein, so konnten sie nicht beten und sich auf die Verheißung stützen: „wo zwei eins werden, worum sie bitten …“ Zum ersten Mal sprachen sie offen über ihre Vorbehalte - und das tat weh. Dann baten sie einander um Vergebung für die Vorbehalte und die unausgesprochenen Vorwürfe. Und schließlich baten sie auch Gott um Vergebung für ihre Fehler, aneinander und an ihrem Sohn. Erst jetzt fingen sie an, für den Sohn zu beten. Sie waren noch nicht fertig, da klingelte es.  Tatsächlich – der Junge stand vor der Tür! Während die Eltern sich miteinander ausgesprochen und einander um Vergebung gebeten hatten, hatte bei ihrem Sohn ein Umdenken eingesetzt. Statt seinen Vater weiter zu beschuldigen und sich immer mehr in die Opferrolle und in den Trotz hineinzusteigern, war ihm seine eigene Haltung in ihrer ganzen Fragwürdigkeit bewusst geworden.

Damit sind wir beim Wort zum heutigen Tag. Es steht in Jesaja 59,1-2: „Siehe, des Herrn Arm ist nicht zu kurz, dass er nicht helfen könnte, und seine Ohren sind nicht hart geworden, so dass er nicht hören könnte, sondern eure Verschuldungen scheiden euch von eurem Gott.“ Gott ist nicht schwerhörig. Wir müssen nicht lauter schreien. Er ist auch nicht unwillig, dass wir ihn bekneten und beknien müssten, bis er sich endlich bewegen lässt. Und noch viel weniger ist er machtlos in den verfahrenen Situationen unseres Lebens. Wenn die Erhörung unserer Gebete über längere Zeit ausbleibt, sollten wir Gott nach dem Grund fragen. Es kann sein, dass er uns dann ermutigt, nicht nachzulassen im Beten und Vertrauen. Es kann aber auch sein, dass er uns Hindernisse bewusst macht, die eine Erhörung aufhalten oder verhindern, sei es bei uns persönlich, in der Ehe, im Hauskreis oder in der Gemeinde. Wenn wir diese Hindernisse ausräumen, kann es sein, dass die Erhörung wie angestautes Wasser ungehindert zum Fließen kommt.
 

Autor/-in: Ernst-Gerhard Fitsch