20.05.2010 / Wort zum Tag

Jesaja 48, 6

„Gott spricht: Von nun an lasse ich dich Neues hören und Verborgenes, das du nicht wusstest“.

Jesaja 48, 6

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Leben heißt anfangen. Wer aufgehört hat anzufangen, hat eigentlich auch aufgehört zu leben. In meinen Konzerten singe ich immer wieder das Lied von Hanna. Hanna war deutlich über 70, als sie in einer Rehabilitation das Malen entdeckt hat und im Laufe der folgenden Jahre zu einer wirklich guten Malerin wurde. Leben heißt anfangen. Eine ehemalige Kollegin sagte mir einmal: „Ich möchte jeden Tag einen Satz in mein Tagebuch schreiben, der mit den Worten beginnt: ‚Heute habe ich zum ersten Mal …’.“
 

Leben heißt anfangen. Man muss ja nur mal nach draußen schauen. Nach einem schier endlos langen Winter wurde im April dann nach und nach doch alles grün. Und jetzt im Mai ist die Schöpfung geradezu explodiert.
 

Leben heißt anfangen. Auch für Gott. Immer wieder fängt Gott neu an mit der Schöpfung und mit den Geschöpfen. Immer wieder versenkt er die Schuld im Meer, wo es am tiefsten ist und beginnt neu. Das Bibelwort für heute bringt es auf den Punkt. Es steht im Buch des Propheten Jesaja in Kapitel 48. Es ist Vers 6. Da sagt Gott zu seinem Volk: „Von nun an lasse ich dich Neues hören und Verborgenes, das du nicht wusstest.“
 

Ich finde diesen Satz bemerkenswert. Gott sagt etwas Neues. Etwas, das seine Leute bisher noch nie gehört haben. Er deckt etwas Verborgenes auf, etwas, von dem seine Leute bisher keine Ahnung gehabt haben. Gott ist ein Gott, der immer für eine Überraschung gut ist. Immer für eine unerwartete Wendung. Immer für einen ungewohnten Gedanken. Immer für ein bisher ungehörtes Wort.
 

Das Wort, das Gott zur Zeitenwende spricht, heißt Jesus. Jesus Christus. Jesus, der Messias. Gott zieht sich das an, was Matthias Claudius einmal “die Uniform menschlichen Elends“ genannt hat. Gott wird ein Mensch. So etwas hat die Weltgeschichte bisher noch nicht erlebt. Auf so einen Gedanken kann man eigentlich nicht kommen. Gott hat sich immer wieder neue Rettungsaktionen ausgedacht für sein Volk. Jetzt nimmt diese Rettung buchstäblich Gestalt an. Jesus – hebräisch Yeshua – heißt genau das: Gott hilft, Gott rettet. Seitdem müssen Menschen nichts anderes tun, als sich an diesen Retter zu klammern.
 

Paulus spricht später vom „Geheimnis seines Willens“. Jesus ist das Geheimnis Gottes, die Überraschung Gottes, der unerwartete Neuanfang Gottes.
 

Und das Wunderbare ist, dass Menschen, die sich an diesen Jesus hängen, immer wieder neu anfangen können mit Gott, mit sich selbst und mit den Menschen, mit denen sie das Leben teilen.
 

1961 sagte John F. Kennedy in seiner berühmten Antrittsrede den Satz: „Let us begin anew!“ Zu deutsch: Lasst uns noch einmal von vorne anfangen. Lasst uns neu anfangen. Das war ein Angebot. Das war eine Aufforderung an die Amerikaner und an die Welt. Ein Satz, der damals für Aufsehen sorgte, ähnlich wie später Barack Obama: „Yes we can.“ Jawohl wir schaffen es. Dabei sagt Gott diesen Satz schon seit Jahrhunderten: Let us begin anew. Lasst uns neu anfangen. Ihr und ich. Du und ich. Warum nicht gleich heute?

 

  

Autor/-in: Jürgen Werth