12.12.2011 / Wort zum Tag

Jesaja 35,6

Es werden Wasser in der Wüste hervorbrechen und Ströme im dürren Lande.

Jesaja 35,6

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Zugegeben: ich weiß nicht, was Dürre ist. Ich lebe hier in einer Stadt im schönen Europa. Hier ist es nie so lange so heiß, dass mehr vertrocknet als die Blumen auf dem Balkon. Ich kenne es nicht anders, als dass ich den Hahn aufdrehen kann, und es kommt klares, sauberes Wasser, so viel ich will. Echte Dürre kenne ich höchstens aus dem Fernsehen, ich denke da an die Bilder aus Somalia, wo es tatsächlich nur noch braunen Staub gibt und keinen einzigen Grashalm. Ich kann es mir nicht wirklich vorstellen, was es heißt, wenn da aus der Wüste plötzlich Wasser hervorquillt. Wie groß die Freude bei den Menschen sein muss, die allzu lange darauf warten mussten und die schon den Tod vor Augen hatten. Ich kann versuchen, mir das vorzustellen, aber ich weiß es nicht wirklich.

Was ich aber doch kenne, ist so eine Dürre im Menschen drin. Ich kenne das von mir selber, aber auch von vielen anderen Menschen um mich herum. Es ist sonderbar: hier in unserem reichen Land, wo ich doch eigentlich alles habe, was ich brauche, spüre ich manchmal nur Dürre, und in mir drin ist nur Wüste. Dann wird die Welt so grau und fade, und ich kann mich nicht mehr richtig über Dinge freuen – obwohl ich doch allen Grund dazu hätte, dankbar zu sein, dass es mir äußerlich so gut geht. Es ist komisch, aber manchmal passiert das einfach.
Vermutlich geschieht das einfach deswegen, weil ich ein Mensch bin. Ich bin nun mal ein Wesen, das mehr braucht als Essen, Trinken und ein Dach über dem Kopf. Ich habe auch eine Seele, die genährt werden muss. Wenn ich mich innerlich so dürr fühle, dann meldet da einfach mein Menschsein seine Ansprüche an, und es ist gut, wenn ich darauf achte, dass dieser innerliche Durst gestillt wird.

Gott kennt diese Dürre. Hier im Buch Jesaja, Kapitel 34 und 35, wird sie ausführlich und in sehr poetischen Worten beschrieben. Jesaja sagt hier eine Zeit der Dürre voraus, durch die das Volk Gottes hindurch muss. Aber er sagt auch, dass diese Wüste nicht auf ewig Wüste bleiben wird. Es wird die Zeit kommen, sagt Jesaja, wo der trockene Boden aufreißt und wieder Wasser sprudelt. Und wo Wasser ist, da ist auch Leben, Gras, Rohr, Schilf, Lilien an den Teichen, so sagt es der Bibeltext. Da stelle ich mir vor, wie wieder die Vögel in den Bäumen zwitschern, wie sich im Wasser wieder die Fische tummeln und am Teich wieder die Zebras, die Antilopen, die Giraffen, die Elefanten trinken. Und wie sich alle freuen, dass die Zeit der Dürre vorbei ist.

Gott kennt solche Zeiten der Dürre. Er weiß, wie wüst und leer es im Menschen aussehen kann. Er hat den Menschen ja so gemacht, dass er diese Dürre spüren kann. Und Gott weiß auch, was dann nötig ist. Er weiß, was Wasser bewirkt. Er lässt mich nicht ewig auf dem Trockenen sitzen. Er wird nicht zulassen, dass ich komplett verdorre, und wird zu seiner Zeit wieder Wasser sprudeln lassen. Gott wird in der Bibel nicht umsonst immer wieder als lebendige Quelle bezeichnet. Auch Jesus spricht immer wieder vom lebendigen Wasser, das er schenken will. Denn das ist es, was meine Seele immer wieder braucht: Gott, der sie bewässert und immer wieder von neuem in allen Farben zum Blühen bringt.

Autor/-in: Jutta Schierholz