05.05.2010 / Wort zum Tag

Jeremia 17,14

Heile du mich, HERR, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen.

Jeremia 17,14

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Ich besuche zwei Teenager. Es sind Geschwister. Das Mädchen ist 16, der Junge ist 14 Jahre alt. Sie sind allein zu Hause und das nicht nur heute. Ihre Mutter liegt nach einem schweren MS-Schub im Krankenhaus. Der Vater hat die Familie bereits vor Jahren verlassen. Den Haushalt organisieren die beiden allein. Sie machen sich Sorgen. „Wir sind ganz leise, damit wir die Nachbarn nicht stören“, sagt mir der Junge. Leben voller Leid erfüllt die Wohnung.

Ein Leben voller Leid hat den Propheten Jeremia krank werden lassen. Im Auftrag Gottes hat er Unheilbotschaften zu verkünden. Ihm stehen die so genannten Lügenpropheten gegenüber. Sie verkünden, was die Leute hören wollen. Das Unheil, das Jeremia ansagt, trifft nicht ein. Er erntet Spott, wird bedroht. Gott verbietet ihm sogar das Gebet für sein Volk. Kein Wunder, dass er krank wird.

Es sind zwei Dinge, die mir bei ihm und seinem Gebet um Heilung deutlich werden. Einmal: die leidvolle Erfahrung, die er macht, besagt nicht, dass der Herr sich von ihm abgewandt hat. Nein, Gott hat die notvolle Situation zwar zugelassen, aber er ist Jeremia nicht fern. Der Prophet kann zu ihm rufen und ist überzeugt, dass der Herr ihn hört. An vielen Stellen schildert die Bibel ähnliche Schicksale. Menschen geraten in Krisen, aber sie sind deshalb nicht von Gott verlassen. Das bekannteste Beispiel ist der sprichwörtliche Hiob, und auch einem kranken Paulus sagt der Herr seine Gnade zu.

Das Zweite, was mir auffällt: Mit seinem Gebet macht Jeremia deutlich, dass er die grundlegende Änderung von Gott erwartet. Jede Erkrankung ruft nach Heilung. Pest und Blattern hielten reiche Ernte und riefen nach Schutz und Ausmerzung. Gegen Krebs und Aids gibt es anscheinend immer noch kein überwindendes Gegenmittel. Und schon tauchen neue Krankheiten auf. Notwendig ist eine Macht, die mehr ist und vermag als der einzelne Mensch und die menschliche Gemeinschaft. Für Jeremia ist das Gott. Für ihn ist Gott die einzige Möglichkeit, die Heilung bringen kann. In seiner schweren Lage gewinnt Jeremia mit der Bitte um Heilung Hoffnung. Und die bedeutet Kraft bis zum nächsten Ufer.

Hat der Herr die Bitte des Propheten erhört? Wir wissen es nicht. Auf jeden Fall endet das Buch Jeremia nicht mit einem Happy end. Auch die weitere Zukunft der beiden Teenager wie ihrer Mutter ist noch offen.

Doch das Gebet Jeremias zeigt, dass es den Einen gibt, zu dem der Leidende mit seiner Not kommen kann. Es zeigt auch, dass die Veränderung von Gott her noch immer möglich und zu erhoffen ist.
 

Autor/-in: Pastor Werner Hanschmann