13.02.2020 / Wort zum Tag

In Jesu Reichweite

Jesus spricht: Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.

Johannes 10,27-28

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Wissen Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, weshalb Sie heute allen Grund zur Zuversicht haben? Jesus verspricht in Johannes 10, 27 und 28: „Meine Schafe hören meine Stimme und ich kenne sie und sie folgen mir; ich gebe ihnen das ewige Leben und sie werden nimmermehr umkommen und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.“

Jesus nennt unseren Namen. Er redet jeden persönlich an. Weil er unsere Lebensgeschichte kennt, hat er für uns das Wort, das wir gerade jetzt brauchen. Seine Stimme verändert die Grundstimmung unseres Lebens. Es ist sein Wort, das unsere Lebensmelodie neu zum Klingen bringt. Es tröstet uns, wenn die Wolken der Schwermut über uns hängen und es zeigt uns den verlässlichen Weg, wenn wir unsicher geworden sind.

Wer die Stimme Jesu hört, bekommt Sehnsucht nach seinem Wort. Wer Jesu Wort ernsthaft hört, der folgt ihm, und wenn wir ihm folgen, hat das Folgen. Aus dem Hören erwächst Gehorchen: Es reifen Entschlüsse, Konsequenzen werden gezogen, praktische Schritte getan; bestimmte Wege werden gegangen, andere gemieden.

Die Schritte hinter Jesus her sind so vielfältig wie das Leben selbst. Unter der Leitung des Hirten geht es durch steinige Wüsten und Durststrecken. Aber dann kommt wieder eine Wasserstelle zum Ausruhen. Manchmal peitscht uns auf einem kahlen Hügel kalter Regen ins Gesicht. Aber dann gibt es auch wieder Zeiten, in denen es eine ungetrübte Freude ist zu leben. Jesus ruft uns in den weiten Raum der Freiheit. Wir haben einen großen Auslauf, einzig begrenzt von seiner Rufweite.

„Ich kenne meine Schafe!“ Jesus spricht dieses Wort ohne Unterton in der Stimme; von schwarzen Schafen ist bei ihm nicht die Rede. Er liebt uns, obwohl er uns besser kennt als wir uns selber kennen. Er ist nicht enttäuscht, weil er sich nie über uns getäuscht hat. Wenn andere von uns abrücken, ruft er uns näher zu sich.

Wir sind oft unsicher, ob wir das ewige Leben, das er uns geschenkt hat, auch wirklich bis zur Ewigkeit durchretten. Aber hier zeigt er uns ein wichtiges Geheimnis des Glaubens. In besonderen Stunden der Anfechtung und Versuchung brauchen wir uns nicht mit der Rufweite Jesu zu begnügen. Wir sollen uns in seine Reichweite begeben. Wenn die Macht der Sünde in uns übermächtig wird, brauchen wir den handgreiflichen Schutz des Hirten. Wenn der Ankläger uns aus seiner Gemeinschaft reißen will, dann haut uns Christus mit seinem kurzen schweren Hirtenstecken heraus.

Aber dann geht Jesus noch einen Schritt weiter und sagt uns ein letztes Wort: „Ich gebe ihnen das ewige Leben und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.“ Das ist die Situation, in der uns weder die Rufweite noch die Reichweite des Hirten mehr durchhilft. Das ist der Augenblick, in dem wir uns selbst nicht mehr auf den Beinen halten können. Wir bleiben hinter der Herde zurück, in der letzten Einsamkeit. Den wachsamen Blicken des Hirten entgeht das nicht. Er hält inne, lässt die Herde ruhig ein wenig weitergehen, wendet sich uns zu, bückt sich nieder ins nasse Laub, nimmt uns auf seinen Arm. Der böse Feind will uns für immer von dem guten Hirten trennen. Der Gekreuzigte fordert jedoch den Tod heraus: „Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg?“ Dem Tod, der uns zu töten sucht, hat der Hirte längst das Genick gebrochen. An dieser Grenze wird seine Ohnmacht offenkundig.

Das Leben ist keine Idylle und das Sterben erst recht nicht. Aber das Wort gilt: „Ich bin der gute Hirte.“ Seine Hände und Füße zeigen tödliche Wunden. Aber es sind Wunden, die den Tod besiegt haben. Es sind Hände, denen uns niemand mehr entreißen kann. Es sind Arme, die uns über die letzte Grenze zum Vater durchtragen.

Autor/-in: Prof. Dr. Rolf Hille