10.05.2016 / Wort zum Tag

Ich will euch erlösen

Ich will euch erlösen, dass ihr ein Segen sein sollt.

Sacharja 8,13

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Kennen Sie das Gefühl „hier läuft etwas schief“? Ein Freund erzählt mir von seiner Gemeinde: ein neuer Pfarrer war in die Gemeinde gekommen. Und über Nacht wurde vieles umgekrempelt: Gottesdienste wurden neu gestaltet, moderne Musik eingeführt, Kindergottesdienste bekamen eine andere Form. Der Arbeitsschwerpunkt wurde von der Seniorenarbeit weg auf die Jugendarbeit gelegt. Viele waren begeistert. Endlich frischer Wind! Aber es gab auch andere in der Gemeinde, die sich ärgerten: es gäbe zu viele Veränderungen auf einmal. Und auch Bewährtes würde einfach aufgegeben. Es gab viel Gerede in der Gemeinde. Und es bildeten sich immer stärker zwei Lager heraus: die Befürworter und die Ablehner. Erste Stimmen forderten, dass der Pfarrer gehen müsse.

Wenn ich als Außenstehende auf solch einen Konflikt schaue, schüttle ich den Kopf. Wollen nicht alle an einer Gemeinde der Geschwisterlichkeit bauen? Wollen wir nicht nach Gottes Wort und mit Gottes Wort leben? Für mich war nicht mehr spürbar, dass über dieser Gemeinde noch Gottes Segen lag.

So ist es – wenn Menschen sich begegnen, stoßen unterschiedliche Interessen und unterschiedliche Bedürfnisse aufeinander. Und es ist traurig, dass diese Interessen manchmal auch mit großer Härte durchgesetzt werden.

Mich beeindruckt immer wieder, wie ehrlich die Bibel solche Konflikte benennt und  mit ihnen umgeht. Der Prophet Sacharja z.B. ist entsetzt, wie die Menschen seines Volkes Israel miteinander umgehen. Er sagt: „Sprach nicht der Herr Zebaoth: Ein jeder erweise seinem Bruder Güte und Barmherzigkeit. Und keiner denke gegen seinen Bruder etwas Arges in seinem Herzen!“ (Sach. 7, 9-10) Weil das Volk Israel aber nicht so handelte, erklärt er weiter, ließ Gott es zu, dass das Volk von den Babyloniern überwältigt und als Gefangene nach Babylon verschleppt wurde.

Gott hat seine segnende Hand von seinem Volk genommen.

Ende? Aus? Nicht für Gott. Er hält seinem Volk die Treue.

„Ich will euch erlösen“, sagt er. Erlösen?  In der damaligen Gesellschaft bedeutete das Wort „erlösen“ loskaufen, freikaufen aus der Knechtschaft, aus der Sklaverei.

Sein Volk sollte wieder frei sein. Es sollte wieder in der Heimat leben. Jerusalem sollte wieder die Heilige Stadt sein, und die Menschen in Frieden und Freiheit dort leben. Der Fluch sollte vom Volk Israel weggenommen werden und sich in einen Segen wandeln. Gott möchte seinem Volk nicht nur seinen Segen geben, es soll selbst zum Segen für andere werden. Aber etwas fordert er dafür von seinem Volk: „Rede einer mit dem anderen Wahrheit und richtet recht, schafft Frieden in euren Toren.“ (Sach. 8, 16)

Ist das viel verlangt? Oder eigentlich selbstverständlich? Nein, wir merken in unserem Miteinander bis heute, wie wenig selbstverständlich es ist, dass es uns gelingt, Frieden untereinander zu halten.

Die Gemeinde meines Freundes hat jetzt einen Mentor hinzugezogen, um wieder zum Frieden zurückzukommen.Ich nehme sie in mein Gebet hinein, dass sich Gottes Verheißung auch bei ihnen wieder erfüllen wird: „Ich will euch erlösen und ihr sollt ein Segen sein!“

Autor/-in: Dorothee Döbler