30.08.2023 / Wort zum Tag

Ich versteh‘s nicht …

Gott hat auch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?

Römer 8,32

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Das heutige Bibelwort aus dem Neuen Testament, der sogenannte Lehrtext der Herrnhuter Brüdergemeine, steht im Römerbrief im 8. Kapitel. Der Apostel Paulus schreibt dort:

„Gott hat auch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben - wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?“

Gott hat seinen Sohn für uns geopfert. Das klingt nobel. Aber es klingt für Menschen unserer Zeit auch fremd. Wie kommt Gott dazu, einfach einen Menschen zu opfern? Noch dazu diesen Mann aus Nazareth, der Kranke geheilt und Blinde sehend gemacht hat. Für viele ist Jesus vielleicht der einzige Sympathieträger, den die Kirchen noch haben. Den hat Gott für uns alle dahingegeben? Danke, lieber Gott, mögen manche sagen, aber das will ich gar nicht! Wieso muss jemand für mich sterben, noch dazu, ohne mich vorher zu fragen? Ja, klar, ich bin nicht perfekt. Manchmal bin ich vielleicht sogar ein ziemliches Ekel, aber dass Jesus für mich sterben muss – bin ich wirklich so böse? Und selbst wenn – dann will ich selbst dafür einstehen. Warum soll ein Unschuldiger dafür büßen? Das ist doch ungerecht!

Solche Einwände habe ich schon von vielen gehört. Aber nun steht es so in der Bibel. Und es ist keine einmalige Aussage, sondern der Grundton des ganzen Neuen Testaments: Dass Jesus am Kreuz gestorben ist, das hat Gott für uns getan. Wie können wir das verstehen?

Mir ist dabei ein Satz von Jesus sehr wichtig geworden. Er steht im Johannesevangelium, Kapitel 10, Vers 30 und lautet: „Ich und der Vater sind eins.“ Vater und Sohn bilden für die Bibel eine Einheit, die wir uns nur schwer vorstellen können. Die für viele Menschen sperrige Trinitätslehre versucht es auf den Punkt zu bringen: Wir haben nicht drei Götter, sondern einen einzigen. Das sprengt unsere Logik, zugegeben. Aber wir haben es mit Gott zu tun, dem Schöpfer und Beherrscher des Universums. Kann es sein, dass dieser Gott für unsere Logik einfach zu groß ist?

Wir können daran bestimmt nicht alles verstehen. Aber ich glaube, wir können schon verstehen, dass Gott in Jesus nicht jemand anders opfert. Er selbst gibt alles, was er geben kann. Wenn die Bibel Jesus den Sohn Gottes nennt, dann geht es nach meiner Erkenntnis nicht um einen biologischen Vorgang. Es geht um ein Rechtsverhältnis. Der erwachsene Sohn vertritt den Vater vollgültig. Das bedeutet: In Jesus begegnet uns Gott selbst in menschlicher Gestalt. So wie Jesus Mensch ist, so ist Gott Gott. Nicht anders. Erst recht nicht so, wie wir uns einen Gott vorstellen. In Jesus zeigt uns Gott, wie er wirklich ist. Auch und gerade darin, dass er für uns sein Leben gibt.

Nicht jeder wird seine eigenen Sünden als so schwer einschätzen, dass jemand dafür sterben muss. Aber wenn alle Schuld der Welt bewältigt werden soll, dann können wir das niemals selbst schaffen. Wir Menschen haben in unserer Geschichte eine riesige Last an Verfehlungen aufgehäuft. Darüber sieht Gott nicht einfach hinweg. In Jesus tritt Gott für unser Scheitern und Versagen ein, damit diese Last uns nicht endgültig zerstört.

Das Kreuz ist Gottes vertrauensbildende Maßnahme. Er gibt alles, damit wir ihm zutrauen, auf unserer Seite zu sein. Gott hat im Sohn alles gegeben – jetzt können wir darauf vertrauen, dass auch unsere eigene Geschichte am Ende gut ausgeht.

Autor/-in: Martin Leupold