06.06.2018 / Wort zum Tag

„Ich kann nicht mehr!“

Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit.

2. Korinther 12,9

Ihr Browser unterstützt HTML5 Audio nicht!

„Ich kann nicht mehr!“ – Geht es Ihnen manchmal auch so, dass sie denken: „Ich kann nicht mehr.“ „Das Maß ist voll.“ „Die Kraft ist alle.“ „Ich schaff das nicht mehr.“? - Es ist einfach zu viel. Jetzt muss ein anderer weiter machen. Das kann in der Arbeit so sein, oder in der Familie, oder weil man einfach zu alt wird für die Aufgaben, die man vor 10 Jahren locker bewältigt hat. Vielleicht macht auch die Gesundheit nicht mehr so mit. …

Ich bin in meiner Arbeit jedenfalls oft an meinen Grenzen und denke: So kann es nicht weiter gehen. Die Aufgaben sind zu groß. Und das, was ich leisten kann, ist viel zu klein. Die Ergebnisse, die ich vorweisen kann, sind viel zu unbedeutend. Und manchmal frage ich mich sogar: Wo werden denn meine Gebete erhört? Wo tut sich etwas in der Gemeinde? Wo tut sich was bei den Kranken, für die ich bete? Was tut sich in den Ehen, Familien, Lebenswegen, für die ich bete? Und dann frage ich: Gott, tust du hier denn gar nichts mehr? Hörst du mich nicht?

Vielleicht kennt mancher von Ihnen auch solche Fragen. Keine Angst, Sie müssen deswegen noch kein schlechter Christ sein. Keineswegs. Sie sind damit in guter Gesellschaft. Auch einem Paulus ging es so, einem Apostel, der dem auferstandenen Jesus begegnet war und der viele Gemeinden gegründet hatte. Auch der hat gebetet, weil er an seine Grenzen gekommen war. Er hat sogar drei Mal gebetet. Er hat sogar gefleht, nicht nur irgendeinen Spruch aufgesagt. Er hat Jesus um seinen Beistand gebeten. - Und es hat nichts geholfen. Es hat sich nichts getan. – Er fühlte sich von Jesus alleingelassen mit seiner Not.

Was für eine Not es genau war, sagt Paulus nicht. Er beschreibt es als Pfahl oder Dorn im Fleisch, als irgendetwas, was ihm große Schmerzen bereitete und ihn sehr behinderte. Er nennt es sogar einen Abgesandten des Teufels, der ihn schlägt.

Paulus wollte gerne für Jesus tätig sein, wollte Menschen zu Jesus führen, wollte seine Lebenszeit ausnutzen, … und nun so etwas. Ausgebremst sein. Behindert werden. Und das nicht etwa durch äußere Gegner: Römer, Heiden, Andersgläubige, … irgendwer, dem man die Schuld dafür geben könnte. - Nein, in ihm selbst war das Hindernis. Er war sich selbst im Wege. Er konnte dies Hindernis nicht überwältigen und Jesus half ihm auch nicht darüber hinweg. Das konnte Paulus gar nicht verstehen.

Und dann sagte Jesus ihm: Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit. Die Kraft Jesu kommt zum Ziel, wo wir schwach sind. Die Kraft Jesu wirkt, wo nicht wir im Mittelpunkt stehen.

Das ist schwer nachzuvollziehen, gerade wenn wir gerne etwas für Jesus bewirken wollen. Wir möchten so gerne etwas Großes vorweisen. Aber das passt nicht zu Jesus. Jesus selbst hat auch nicht den großen Siegertypen herausgesteckt. Er kam als hilfloses Baby und starb viel zu früh als ungerecht verurteilter Verbrecher, angenagelt am Kreuz. – Und doch hat er gerade so die Bosheit der Menschen ausgehebelt, die Sünde besiegt und den Tod überwunden, ... als Schwacher und scheinbar Unterlegener. Vielleicht sind auch nicht die, die Glaubenshelden, deren Gebete schnell sichtbar erhört werden, sondern gerade die, die trotzdem weiterbeten, auch wenn nichts zu sehen ist?

Jesus sagte zu Paulus: Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit.

Autor/-in: Pastor Christoph Reeps