19.12.2023 / Wort zum Tag

Hoffen, beten, geduldig sein

Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.

Römer 12,12

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Wolfgang Bittner, österreichischer Theologe und Buchautor, erzählt einmal, dass es in der Stadt, in der er aufgewachsen ist, einen Platz gab, der von einem Bretterzaun umgeben war. Der war immer verschlossen. Doch ein oder zweimal im Jahr zog hier ein Zirkus ein. Oder der Rummel. Bunte Wagen zogen hinein - dann wurde das Tor wieder zugesperrt.

Doch drinnen war Leben. Alle wussten es. Alle hörten es. Da wurde gehämmert und gebohrt und gesprochen und gerufen. Das konnte man von außen hören. Und alle wussten: Da wird etwas Wunderbares aufgebaut. Und bald können wir’s sehen. Und wir werden staunen! Manche größeren Kinder versuchten durch eine Ritze zwischen den Brettern oder durch ein Astloch schon mal einen Blick auf das geheimnisvolle Geschehen zu werfen. Was sie gesehen hatten, erzählten sie begeistert den aufgeregt staunenden Kleinen. Alle waren in Hochspannung: Da kommt was. Ganz bestimmt.

Wolfgang Bittner sagt: Das ist die Hoffnung, von der die Bibel spricht. Nicht ein unsicheres Fürmöglichhalten, sondern ein sicheres Wissen: Da kommt was!

So meint es wohl auch Paulus, wenn er an die Christen in Rom schreibt, sie sollen „fröhlich in Hoffnung“ sein. Was ihr gerade seht und erlebt, ist nicht alles, es ist nicht das Letzte. Da kommt noch etwas Großartiges. Es wird schon vorbereitet. Freut euch drauf! Ihr habt allen Grund dazu!

„In Hoffnung sein“ oder „guter Hoffnung sein“ - so beschrieb man früher häufig eine Schwangerschaft. Noch ist nichts zu sehen außer einem runder werdenden Bauch. Aber da kommt etwas Großartiges! Eine neue Schöpfung!

Was Paulus meint, stellt allerdings jeden Zirkusaufbau und jede Schwangerschaft weit in den Schatten. Was da kommt, wer da kommt, ist Gott selbst in seiner ganzen Herrlichkeit. Er kommt und mit ihm der Himmel und ewige Seligkeit. Gott kommt in der Gestalt des Gekreuzigten und Auferstandenen, und er wird all dem, was euch jetzt noch niederdrückt, ein für alle Mal ein Ende bereiten.

Da kommt was! Er kommt. Was Paulus danach schreibt, ergibt sich fast zwangsläufig: Seid geduldig in Trübsal! Wer weiß, dass alles Elend dieser Welt und seines Lebens begrenzt ist und sein glückliches Ende findet, kann es leichter ertragen.

Das aber darf man nicht aus den Augen verlieren, nicht aus den Gedanken und den Gefühlen. Darum schließt sich auch der dritte Ratschlag logisch an: Seid beharrlich im Gebet! Betet allein im stillen Kämmerlein und betet gemeinsam in der Gemeinde. Wendet euren Blick immer wieder weg von dem, was euch bedroht und belastet. Wendet euren Blick auf den dreieinen Gott, auf seinen Himmel, auf die himmlische Herrlichkeit. Beten heißt durchs Astloch linsen. Und Hoffnung tanken. Am Ende bringt Gott alles zurecht. Am Ende ist alles gut!

Ja, es ist ein Kreislauf, den Paulus hier beschreibt. Wer immer wieder betet, regelmäßig, „beharrlich“, der bekommt ein neues Verhältnis zum Leben, zur Welt, zu den Menschen und zu sich selbst. Er weiß: Alles, was ich hier vorfinde, ist vorläufig, ist endlich. Wer betet, atmet auf, wird fröhlich in allem Kummer, bekommt neue himmlische Hoffnung und wird so geduldiger ertragen, was ihm aufgetragen ist.

Hinter einem undurchsichtigen und undurchdringlichen Bretterzaun wird gehämmert und gebohrt, wird die Zukunft vorbereitet. Jesus sagt es seinen Jüngern einmal so: „Im Haus meines Vaters Hause gibt es viele Wohnungen … Ich gehe dorthin, um für euch einen Platz vorzubereiten. Und wenn ich dorthin gegangen bin und für euch einen Platz vorbereitet habe, werde ich wiederkommen. Dann werde ich euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich hingehe.“ (Johannes 14,2-3, Basisbibel)

Autor/-in: Jürgen Werth