18.06.2011 / Wort zum Tag

Hesekiel 37,23

Ich will sie retten von allen ihren Abwegen, auf denen sie gesündigt haben, und will sie reinigen, und sie sollen mein Volk sein.

Hesekiel 37,23

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Immer wieder kommt es auf dem Mittelmeer zu tragischen Flüchtlingsdramen. So auch im vergangenen April. Ein Fischkutter war von Nordafrika aus unterwegs in die vermeintliche Freiheit auf der italienischen Insel Lampedusa. Der Kutter war mit über 300 Leuten völlig überladen. Ein Sturm in der Nacht wurde zum Verhängnis. Das Schiff brach entzwei, viele der Flüchtlinge ertranken. Die italienische Küstenwache patroullierte in jener Nacht auf dem Meer und versuchte, so viele Menschen wie möglich zu retten. Dies, obwohl auf der Insel zu diesem Zeitpunkt schon viele Flüchtlinge gestrandet waren. Etwa 50 völlig durchfrorene und verletzte Menschen konnten gerettet werden. In einer Reportage erzählte einer der Retter, wie schwierig es für ihn gewesen war, diese Menschen zu retten. Nicht nur wegen des stürmischen Meeres sei es ihm schwer gefallen, sondern weil er sie verachtet habe. „Wir haben schon so viele und es kommen immer mehr“, beschrieb er seine Bedenken. Trotzdem: Der Mann half mit, die Flüchtlinge zu retten.

Vielleicht verstehen wir die Aussage Gottes in Hesekiel 37,23 auf dem Hintergrund dieser Geschichte besser. Dort sagt Gott über sein Volk: „Früher haben sie mir die Treue gebrochen und mich verachtet, doch nun will ich sie retten und ihnen vergeben. Sie werden mein Volk sein und ich werde ihr Gott sein.“ Gott rettete sein Volk, obwohl er allen Grund gehabt hätte, es zu verachten. Die Menschen damals stellten sich gegen Gott, sie lachten und spotteten über ihn. Und er rettete sie trotzdem.

Können Sie sich vorstellen, was es heißt, jemanden zu verachten? Dann können Sie besser verstehen, was es für Gott hieß, trotz allem ja zu seinem Volk zu sagen, ja noch mehr: seinem Volk Rettung und Heilung anzubieten. Haben Sie in ihrem Leben schon einmal Verachtung erlebt? Verachtung schmerzt, erniedrigt, tut weh. Viele meiner behinderten Freunde erleben Verachtung. Auch wenn das nicht so offen ausgedrückt wird, ist Verachtung immer wieder spürbar: Etwa wenn jemand wegen seiner Behinderung aus einer Gruppe ausgeschlossen oder nicht ernst genommen wird, wenn er wegen der Behinderung keine Arbeit bekommt oder über ihn hintenrum getuschelt wird. Es ist nicht einfach, mit diesen Gefühlen zu leben. Trotzdem muss auch ein behinderter Mensch lernen, freundlich und vergebend auf Menschen zuzugehen, die ihm solches antun.
Auch Jesus wurde verachtet – bis zum Tod am Kreuz. Mit der Passionsgeschichte wurde die Verachtung Gottes, von der schon Hesekiel spricht, auf die Spitze getrieben. Gott selbst hatte seinen Sohn in unsre Welt geschickt, um für die Menschheit, und damit auch für mich persönlich zu leiden, zu sterben und dabei zutiefst verachtet zu werden. Für meine Verachtung Gottes hätte ich eine Bestrafung verdient, Jesus aber hat meine Schuld auf sich genommen, um mich zu retten. Wie dankbar bin ich, dass ich heute zum erweiterten Volk Gottes – zur christlichen Gemeinde gehören darf. Ich weiß, dass Jesus mein Herr und Heiland ist, der mich liebt und treu zu mir steht, auch wenn ich untreu bin. Diese Erkenntnis hilft mir, gerade auch jene Menschen zu lieben, bei denen es mir schwer fällt, sie zu achten

Autor/-in: Ruth Bai-Pfeifer